Kassenpatienten warten wochenlang
Jeder fünfte gesetzlich Versicherte muss sich in Geduld üben. Auch im Wartezimmer sitzt er länger als ein Privatpatient.
Berlin. Es ist so etwas wie ein Atlas zur Krankenversorgung und Patientenzufriedenheit in Deutschland: die inzwischen fünfte Versichertenbefragung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Die Ergebnisse für 2011 wurden am Montag in Berlin vorgestellt. Die Studien ermöglichen, so der KBV-Vorstandsvorsitzende Andreas Köhler, nicht nur eine Momentaufnahme, sondern ließen langfristigere Betrachtungsweisen zu. Klar ist für Köhler eins: Die Studie beweise, „dass die Menschen die Arbeit der Ärzte schätzen“.
Eines der Kernergebnisse der Studie, die der Interessenverband der deutschen Ärzte bei der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen in Auftrag gegeben hat, lautet: Gut jeder fünfte Kassenpatient wartet wochenlang auf einen Arzttermin. Bei elf Prozent sind es zwischen einer und drei Wochen.
Im privaten Versicherungsbereich sieht es wesentlich günstiger für die Patienten aus: Lediglich vier Prozent müssen eine Wartezeit von mehr als drei Wochen in Kauf nehmen. Ohne lästige Termin-Warterei können sich 32 Prozent der Kassen- und 38 Prozent der Privatpatienten in ärztliche Behandlung begeben.
Laut der Studie waren 83 Prozent der Bürger in den vergangenen zwölf Monaten (September 2010-September 2011) beim Arzt. 17 Prozent kamen ohne ärztliche Versorgung zurecht — Zahnarztbesuche flossen bei dieser Berechnung nicht ein. Der Wert liegt den Angaben zufolge im langjährigen Mittel.
14 Prozent kamen mit einem einzigen Arztbesuch aus. Fast ein Drittel brachte es auf drei bis fünf Behandlungen, 15 Prozent gingen elf Mal oder öfter zum Arzt. Diese Zahlen unterliegen keinerlei sozialen oder regionalen Differenzierungen.
Hohe Zufriedenheit gibt es bei der Ärztebewertung. 91 Prozent der Patienten nahmen den Arzt als sehr kompetent wahr. Der Hausarzt genießt bei den Patienten weit größeren Respekt als die spezialisierten Fachärzte.
Ein eigenes Problem ist die Verweildauer in den Wartezimmern. Drei Prozent der Befragten klagten über mehr als zwei Stunden Zeitaufwand, bevor die Behandlung begonnen wurde. Zehn Prozent der Interviewten wurden dagegen ohne Zeitverzug sofort in die Behandlungszimmer gebracht. Aber die meisten Patienten (34 Prozent) mussten 15 Minuten warten, 30 Prozent mussten eine halbe Stunde Geduld aufbringen.
Der Bericht spricht einerseits davon, dass sich diese Werte in den vergangenen Jahren kaum geändert haben. Aber es gäbe bei der Praxis-Wartezeit eine erhebliche Ost-West-Diskrepanz; außerdem würden die Privatpatienten deutlich in der Reihenfolge bevorzugt.
Auch die räumliche Qualität der Arztpraxen war Gegenstand der Untersuchung. 64 Prozent der Hausarzt- und 75 Prozent der Facharztpraxen sind barrierefrei erreichbar.