Kniffliger Rückzug vom Hindukusch

Der Verteidigungsminister besucht Afghanistan. Der Rücktransport des Materials wird zur logistischen Herausforderung.

Masar-i-Scharif. Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) stellt sich auf einen schwierigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan ein. „Von einem Baum runterzuklettern ist komplizierter, als auf einen Baum raufzuklettern“, sagte er am Dienstag bei einem Überraschungsbesuch am Hindukusch.

Unsicher ist vort allem, wie zuverlässig die wichtige Ostroute durch Pakistan ist. Von ihr hängt beim Abzug ab, ob mehr Material auf dem teuren Luftweg und durch das Zuständigkeitsgebiet der Bundeswehr im Norden Afghanistans abtransportiert werden muss. Eine Kostenschätzung will de Maizière im Herbst vorlegen.

Bei der Sicherheitslage sieht de Maizière allerdings erhebliche Verbesserungen. Nach dem schlimmen Jahr 2010 mit neun Getöteten in der Bundeswehrtruppe sei die Zahl der Angriffe und Anschläge im vergangenen Jahr um 39 Prozent zurückgegangen, sagte der Minister.

In den ersten Monaten dieses Jahres habe es einen weiteren Rückgang um 31 Prozent gegeben. „Wir sind ungefähr auf dem Niveau von 2009. Das ist immer noch keine stabile Sicherheitslage, da gibt es nichts drumrumzureden, aber es ist ein großer Fortschritt“, sagte de Maizière.

In den Feldlagern von Kundus und Masar-i-Scharif sprach der Minister mit deutschen Soldaten. Die Bundeswehr bereitet sich seit Anfang des Jahres auf den Rückzug vom Hindukusch vor. Die Truppenstärke wurde bereits von einst bis zu 5350 auf rund 4800 Soldaten reduziert. Der Abbau des Feldlagers in Feisabad — eines von drei Bundeswehr-Camps — hat bereits begonnen.

De Maizière betonte, dass nicht das komplette Material abtransportiert werden müsse. „Wir wollen hier aber auch keinen Schrotthügel hinterlassen.“ Die Bundeswehr hat nur sehr begrenzte Transport-Kapazitäten. Für den Luftweg müssen zusätzliche Transportmaschinen angemietet werden.

Auf dem Landweg werden hohe Transitgebühren fällig, die teilweise bar auf die Hand bezahlt werden müssen. In Pakistan sollen sie nach Angaben aus der Bundeswehr zwischen 300 und 5000 US-Dollar pro Container betragen.

Die Regierung in Islamabad hatte die Grenze für Transporte der internationalen Schutztruppe Isaf im November nach einem US-Luftangriff auf einen pakistanischen Grenzposten. Am Dienstagabend stimmte sie allerdings überraschend zu, sie wieder zu öffnen.

Der Minister erklärte bei seinem Besuch auch, dass weitere Bemühungen um eine politische Lösung des Afghanistan-Konflikts nötig seien. Für Versöhnungsgespräche mit den Taliban sieht er aber Grenzen. „Man kann nicht mit jedem Mörder verhandeln“, sagte er. Am kommenden Wochenende wird es bei einer Konferenz in Tokio um die zivile Hilfe gehen. Berlin will mehr als 400 Millionen Euro jährlich für den Wiederaufbau bereitstellen.