Kommission: Wie der Wohlstand gemessen werden soll
Experten wollen das Befinden der Bürger künftig mit 20 Indikatoren erfassen.
Berlin. Wenn zwei Autos zusammenstoßen, ist das — Wachstum. Denn es müssen zwei neue gebaut werden. Dass das Bruttoinlandsprodukt, die Maßzahl für erwirtschaftete Waren und Dienstleistungen, nicht so recht taugt, um den Wohlstand zu messen, ist seit langem klar. Und das Wohlbefinden der Menschen erfasst es sowieso nicht; hier liegen meist Entwicklungsländer vorn. Nach zwei Jahren hat eine Kommission des Bundestages jetzt einen Vorschlag ausgearbeitet. Zehn „Leitindikatoren“ sollen künftig Auskunft über die reale Lage der Deutschen geben, zehn weitere als „Warnlampen“ bezeichnete Statistiken auf versteckte Risiken aufmerksam machen.
Am Montag soll das Werk in der Bundestags-Enquetekommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ beschlossen werden. Das Gremium besteht je zur Hälfte aus Abgeordneten und Sachverständigen.
Vorgeschlagen wird in dem Entwurf, der unserer Zeitung vorliegt, den Wohlstand anhand von drei „Säulen“ zu messen. Neben dem materiellen Wohlstand, zu dem außer dem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf und dessen Wachstum auch die Einkommensverteilung und die Staatsschulden gehören sollen, sind das die Bereiche Soziales und Umwelt. Sie werden ebenfalls unterteilt, die Umwelt etwa in Treibhausgasemissionen, Stickstoffeintrag und Artenvielfalt, das Soziale in Beschäftigungsquote, Bildung, Gesundheit und Teilhabe.
Die Bundesregierung soll die neuen Wohlstandszahlen jährlich veröffentlichen und dazu auf Daten der Statistikämter zurückgreifen. Damit Politiker und Medien ständig vor Augen haben, wo das Land gerade steht, sollen die Zahlen in einer Kunstinstallation im Bundestag sichtbar gemacht werden, ähnlich der Schuldenuhr.
Die als „Warnlampen“ bezeichneten Daten sollen auf Risiken hinweisen. Denn es kann ja sein, dass zwar die Wirtschaft wächst, aber die Privathaushalte. Auch eine sich verschlechternde Qualität der Arbeit oder zurückgehende Weiterbildung werden als Warn-Indikatoren aufgeführt. Die „Warnlampen“ sollen in den jährlichen Berichten aber nur dann ausgewiesen werden, wenn sich große Veränderungen ergeben haben.