Affäre: NRW-Landesarchiv - Politiker wollten einen „Leuchtturm“
Protokolle belegen den Wunsch des Landes nach einer großen Lösung im Duisburger Hafen.
Düsseldorf. Am Freitag wird es im Düsseldorfer Landtag um das jüngste Millionengrab des Landes NRW gehen: Die Kostenexplosion beim Bau des Landesarchivs in Duisburg von 80 auf wohl 160 Millionen Euro erregt die Gemüter und beschäftigt Staatsanwälte.
Die Ermittler prüfen, ob Betrug, Geheimnisverrat oder Korruption eine Rolle spielen und haben dabei den landeseigenen Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) ins Visier genommen. Doch womöglich hat auch die Politik ihren Anteil an den Kostensteigerungen.
Darauf lassen Protokolle des Gesprächskreises schließen, der sich in den Jahren 2007 und 2008 mit dem ehrgeizigen Projekt beschäftigte, in einem Getreidespeicher im Duisburger Innenhafen das Landesarchiv unterzubringen.
Daran nahmen teil Vertreter der Stadt Duisburg, Architekten, der damalige Besitzer der Immobilie, eine Essener Projektentwicklerfirma sowie Vertreter des Landes mit dem damaligen Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff (CDU) an der Spitze.
Die Essener Firma wollte den Kornspeicher ursprünglich selbst umbauen und dann an das Land vermieten. Für die Gestaltung wurde ein Architekturwettbewerb zwischen vier national bekannten Architekten ausgelobt. Das reichte den Vertretern des Landes offenkundig nicht.
"Die haben sich auf die Schenkel geschlagen", berichtete ein Sitzungsteilnehmer. Das Protokoll vom 24. August 2007 hält fest: "Die Architektur sollte ein Ausrufezeichen für das gesamte Ruhrgebiet setzen."
Als Fertigstellungstermin wurde das Jahr 2010 bestimmt, das Jahr der Kulturhaupstadt, aber auch der Landtagswahl. Um den Wünschen des Landes, noch einmal präzisiert in einem Gespräch in der Staatskanzlei zu entsprechen, wurde ein neuer Wettbewerb ausgelobt, an dem die Büros von Sir Norman Foster (London) und Ortner & Ortner (Wien) teilnahmen.
Die Österreicher gewannen. Ihr Entwurf wurde nach Überzeugung von Sitzungsteilnehmern auch ausgewählt, weil er den Vorgaben des Landes, formuliert von Grosse-Brockhoff, am ehesten entsprach: ein städtebauliches und architektonisches Zeichen zu setzen. Nun galt das Archiv als "Leuchtturmprojekt" (20. Dezember 2007).
Über Kosten wurde in den Runden kaum gesprochen. Sie waren am Ende aber so hoch, dass die Essener Firma Kölbl Kruse eine Jahresmiete von acht Millionen Euro über 30 Jahre berechnete. Da wurde es dem Land zu viel, der BLB kaufte das Projekt für 28 Millionen Euro. Seit zwei Wochen haben die Staatsanwälte die Unterlagen vorliegen.