Behörden halten Bürger auf Abstand
Amtsbescheide: Das Widerspruchsverfahren fällt ab November weg. Wer sich wehren will, muss direkt vor Gericht klagen.
Düsseldorf. Ab dem 1. November muss sich der Bürger, der sich gegen behördliches Handeln zur Wehr setzt, umstellen. In den weitaus meisten Fällen fällt dann das Widerspruchsverfahren weg. Wer sich also zum Beispiel gegen die Festlegung eines Straßenbaubeitrags, eine (nicht erteilte) Baugenehmigung oder einen Gebührenbescheid wehren will, kann sich nicht mehr an die Behörde wenden. Er muss dann sofort vor dem Verwaltungsgericht klagen.
"Zweites Gesetz zum Bürokratieabbau" nennt der NRW-Gesetzgeber diese von der Öffentlichkeit bisher kaum beachtete, aber für den Bürger einschneidende Regelung. In der Gesetzesbegründung wird argumentiert: "Es hat sich herausgestellt, dass das Widerspruchsverfahren seiner Befriedungs- und Selbstkontrollfunktion nicht nachkommt und damit nur ein zeit- und kostenintensive Durchlaufstation vor dem Klageverfahren darstellt."
Kritiker halten dagegen, dass dem Bürger auf diese Weise eine Instanz für die Überprüfung seines Falles genommen wird. Er werde in ein teures Gerichtsverfahren gezwungen. Im übrigen würde die bei den Behörden eingesparte Arbeit wegen der dann zunehmenden Zahl von Klagen auf die Verwaltungsgerichte verlagert. Folge: längere Wartezeiten.
Ungehört verhallte auch der Appell des NRW-Städte-tages, der im Gesetzgebungsverfahren argumentiert hatte: "Wir können nur dringend davor warnen, das Widerspruchsverfahren als Instrument der Selbstkontrolle der Verwaltung gerade in Massenverfahren und auch besonders fehleranfälligen Verfahren wegfallen zu lassen und die Betroffenen auf den wesentlich aufwändigeren und teureren Rechtsschutz bei Gericht zu verweisen."
Ausnahmen: Es gibt nach dem neuen Gesetz Ausnahmen, in denen das Widerspruchsverfahren beibehalten wird: Bei von Schulen erlassenen Verwaltungsakten und Bafög-Fällen muss der Betroffene weiterhin Widerspruch einlegen. Ebenso gegen Rundfunkgebührenbescheide.