Zeitenwende in den NRW-Kindergärten

Mit dem neuen Gesetz verändert sich die Kinderbetreuung. Kritiker fürchten hohe Elternbeiträge.

<strong>Düsseldorf. Ein blauer Ballon mit der Aufschrift "Alles heiße Luft" war gestern das vorerst letzte optische Zeichen des Protestes gegen das neue Kindergartengesetz in NRW. Die Grünen hatten ihn im Landtag steigen lassen. Doch wird dies wenig nutzen: Heute wird die CDU/FDP-Mehrheit das Gesetz mit dem Arbeitstitel "Kibiz" (Kinderbildungsgesetz) verabschieden. Es tritt am 1. August 2008 in Kraft und stellt in mehrfacher Hinsicht eine radikale Umstellung dar. Hier die Kernpunkte der Neuregelung:

Finanzierung

Bislang wurden die Einrichtungen pro Gruppe gefördert. Künftig wird nach Zahl der Kinder abgerechnet. Dagegen gab es massiven Protest der Trägerverbände. Der Kompromiss sieht einen Toleranzwert von zehn Prozent vor: Das bedeutet, dass 18 Kinder in einer Gruppe genauso bezahlt werden wie 20. Dieser Vorschlag kam von den Städten sowie den Wohlfahrtsverbänden. SPD und Grüne sagten gestern voraus, dass die Elternbeiträge trotzdem steigen werden.

Künftig können die Eltern entweder 25, 35 oder 45 Stunden Betreuungszeit in der Woche buchen. Kritiker sehen darin eine hohe Unsicherheit für die Träger in der Planung - denn der Personalaufwand muss dem Elternwillen schnell angepasst werden.

Die Kirchen müssen derzeit 20Prozent Trägeranteil aufbringen - zumindest theoretisch. Tatsächlich haben viele Städte und Gemeinden Sondervereinbarungen getroffen und übernehmen einen Teil des kirchlichen Anteils. Der wird nun per Gesetz auf lediglich zwölf Prozent festgeschrieben. Gleichzeitig appelliert die schwarz-gelbe Koalition an die Kirchen, nicht über das bislang schon geplante Maß hinaus Kindergärten zu schließen.

Im Kindergarten gibt es künftig systematische Förderung. Ab sofort stehen dafür rund 28 Millionen Euro zur Verfügung.

Ab dem Kindergartenjahr 2010/2011 wird es erstmals einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für Zweijährige geben. Der gilt als erfüllt, wenn der Bedarf von rund 50 Prozent von Plätzen für die Zweijährigen eines Jahrgangs erfüllt ist. Das wäre bei rund 75000 Plätzen der Fall. Derzeit gibt es 16000.

Ziel: Die schwarz-gelbe Landesregierung hat sich ein ehrgeiziges Motto gegeben: "Wir wollen das kinderfreundlichste Land in Deutschland werden", betonte gestern Familienminister Armin Laschet (CDU). NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hatte bereits 2006 zum "Jahr des Kindes" ausgerufen.

Nachholbedarf: Als CDU und FDP im Jahre 2005 die Regierung übernahmen, gab es für nur rund drei Prozent der Dreijährigen einen Kita-Platz. Damit war NRW das Schlusslicht unter den Ländern.