Brustzentren in NRW bedroht

Finanzierung: Die Krankenkassen zahlen nicht alle Leistungen. Die Kliniken machen deshalb Verluste.

Euskirchen. Es ist jetzt fast ein Jahr her, dass NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann das 51. NRW-Brustzentrum in Aachen einweihte und damit ein flächendeckendes Erfolgsmodell feierte. Und auch bei diesem Termin nicht müde wurde, ihre Notwendigkeit zu betonen: "In NRW erkranken jedes Jahr rund 11 000 Frauen an Brustkrebs. Davon erliegt jede dritte ihrem Krebsleiden. Das sind Zahlen, die eines deutlich machen: Durch Früherkennung und optimale Behandlung könnte ein erheblicher Prozentsatz dieser Todesfälle verhindert werden." Soweit, so gut. Doch mittlerweile zeigen sich erste Probleme: Zwar ist die Zahl der Zentren auf 52 gestiegen, aber fast alle Krankenhäuser haben Finanzierungsprobleme. Laut einer Umfrage der Krankenhausgesellschaft NRW bleiben einige der Kliniken sogar auf bis zu 500 000 Euro der Kosten sitzen.

Auch das Marienhospital in Euskirchen bekommt nicht alle Leistungen von den Krankenkassen beglichen. Die Summe beläuft sich für die vergangenen acht Monate auf 266 000 Euro. Doch das Krankenhaus hat die Sache nicht auf sich beruhen lassen und die Schiedsstelle der Krankenhausgesellschaft angerufen. "Dort wurde beschlossen, dass die Kassen 35 000 Euro übernehmen müssen. Auf dem Rest bleiben wir sitzen", sagt der Geschäftsführer des Marienhospitals, Johann Dörr. Trotzdem gebe man nicht auf und strebe deshalb einen Musterprozess an.

"Es kann einfach nicht sein, dass keiner die Kosten für Leistungen oder Anschaffungen übernimmt, die aber für eine Anerkennung als Brustzentrum notwendig sind", so Dörr. So hat das Haus extra zwei Krankenschwestern ausgebildet, die Wegbegleiterinnen der Patientinnen sind, oder es mussten spezielle Computerprogramme angeschafft werden, die für die vorgeschriebene Sammlung von Daten notwendig sind. Bislang handelt es sich nur um administrative und personelle Posten, sprich Operations- und Diagnosekosten werden von den Kassen getragen. Doch zukünftig könnten auch die Patienten betroffen sein, so Dörr. "Wenn der Entscheid negativ ausfällt, müssen wir irgendwo anders einsparen, natürlich auf Kosten der Qualität." Dass sich das Krankenhaus vom Titel "Brustzentrum" trennt, schließt er bislang aus.

Lothar Kratz von der Krankenhausgesellschaft NRW dagegen sieht die Lage ernster: "Ich kann mir schon vorstellen, dass sich das einige Kliniken überlegen." Die Konsequenz: Es wäre keine flächendeckende Versorgung gewährleistet. Deshalb müsse nachverhandelt, der Leistungskatalog erweitert werden.

Im Gesundheitsministerium reagiert man mit Skepsis auf die Forderungen der Krankenhäuser. Dort heißt es: "Das Land wird sehr genau hinsehen, ob die finanziellen Ansprüche der Brustzentren gerechtfertigt sind und dann entsprechend handeln." Zudem gehe man nicht davon aus, dass sich die Zahl der Zentren verringern werde.

Kompetenz In den Kliniken müssen jährlich mindestens 150 Operationen an Neuerkrankten durchgeführt werden, jeder Operateur muss mindestens 50 Eingriffe vornehmen. Ausnahmen sind möglich, wenn die Klinik ihr Angebot auf mehrere Standorte verteilt. Neben der Operation müssen die Kliniken moderne Diagnostikmöglichkeiten, Strahlentherapie, Pathologie und Onkologie vorhalten.

Es ist nicht das erste Mal, seit die Politiker an unserem Gesundheitssystem herumdoktern, dass der Patient auf der Strecke bleiben wird. Wer regelmäßig zum Arzt gehen muss, der weiß schon längst, dass die Qualität gesunken ist. Nicht selten bekommt der Kranke nur noch eine hochwertige Behandlung, wenn er selbst zahlt. Natürlich ist in unserem Land noch immer die Grundversorgung gewährleistet, doch darüberhinaus sieht es schlecht aus. Und das kann im schlimmsten Fall Leben kosten - so wie bei Krebspatienten. Und das, obwohl der medizinische Fortschritt mittlerweile soweit ist, dass man viele Tumore wirkungsvoll bekämpfen kann. Man stirbt nicht mehr zwangsläufig an Krebs. Doch die Behandlungen sind aufwändig und kosten Geld. Keine Frage, es muss im Gesundheitswesen gespart werden, aber bitte an der richtigen Stelle - und nicht zu Lasten der Kranken.