„Das Gesundheitswesen ist selbst ein Patient“
Interview: Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, warnt vor negativen Folgen wegen der Finanzkrise der Kliniken.
Herr Landsberg, was sind die Ursachen für die Finanzkrise der Kliniken?
Landsberg: Während die Kosten für Personal und Betrieb laufend steigen, gab es Sparvorgaben aus der Politik, zum Beispiel Budgetdeckelungen oder den Sanierungsbeitrag zugunsten der Krankenkassen. Dadurch ist es nicht möglich, die enormen Tarifsteigerungen der letzten Jahre aufzufangen. Die kommunalen Krankenhäuser trifft es besonders hart. Vielen der rund 600 kommunalen Häuser droht wegen der schlechten finanziellen Ausstattung eine Schieflage. Die Folge könnten Schließungen, Verkäufe oder Fusionen sein.
Müssen Patienten eine schlechtere Versorgung befürchten?
Landsberg: Wir haben überaus leistungsfähige Krankenhäuser in Deutschland, und daran dürfte sich grundsätzlich nicht viel ändern. Allerdings besteht die Gefahr, dass es künftig vor allem in ländlichen Regionen weniger medizinische Rundum-Versorger gibt. In Nordrhein-Westfalen könnten beispielsweise Regionen wie das Sauerland, das Siegerland oder das Münsterland betroffen sein.
Selbst das Klinikum Dortmund - ein Großstadt-Krankenhaus - ist in die Schieflage geraten. Was sagt das über den Zustand des deutschen Gesundheitswesens aus?
Landsberg: Das Gesundheitswesen ist gewissermaßen selbst ein Patient. Längst sind die Probleme bei den großen Krankenhäusern angekommen. Eine Auswirkung könnte sein, dass kommunale Kliniken zum gefundenen Fressen privater Investoren werden. Auch die Metropole Hamburg hat bereits ihr Klinikum verkauft, auch in der Region München gab es eine Privatisierung.
Was haben Sie dagegen, wenn es Kommunen privaten Investoren überlassen, Krankenhäuser zu führen?
Landsberg: Ich warne davor, in der Privatisierung des Gesundheitswesens das Patentrezept zu sehen. Aus Sicht von Patienten und des Personals ist es nicht hilfreich, wenn ein Haus voreilig verkauft wird. Wer vor Ort Gesundheitspolitik gestalten will, braucht Steuerungsmöglichkeiten. Es gibt Wege jenseits eines Ausverkaufs - beispielsweise die Zusammenarbeit der Privatwirtschaft mit der öffentlichen Hand.
Was erwarten Sie von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt?
Landsberg: Der Bund muss den Krankenhäusern wieder das Geld zukommen lassen, das sie benötigen. Die Einführung der so genannten Fallpauschalen - also der Vergütung pro Operation als Einheitspreis - hat etlichen Häusern finanzielle Nachteile beschert.