NRW Der Doppelpass — eine Sache für den Landtag?
Die rot-grünen Regierungsfraktionen in Düsseldorf sehen die Integration gefährdet. CDU hält sich alle Optionen offen.
Düsseldorf. In der „Aktuellen Stunde“ des NRW-Landtags hätten die Piraten am Donnerstag gern über ein tatsächlich aktuelles Thema gesprochen: Nämlich über ihren Antrag „Abschiebestopp sofort. Afghanistan ist nicht sicher.“ Das sei doch der wesentlich dringlicher als die tatsächlich angesetzte Aktuelle Stunde — die Debatte über den vom CDU-Bundesparteitag getroffenen Beschluss. Das Ziel, die doppelte Staatsbürgerschaft für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern abzuschaffen und wieder zur bis 2014 geltenden Optionspflicht (Entscheidung für das eine oder andere) zurückzukehren.
Doch die anderen Fraktionen geben den Piraten einen Korb, deren Thema stehe erst im Januar auf der Tagesordnung. Michele Marsching, Fraktionschef der Piraten empört sich. Die Debatte über den Doppelpass, dieses „reine Bundesthema“, sei der schäbige Versuch, CDU-Fraktionschef Armin Laschet hier eins auszuwischen.
SPD und Grüne, die das „Karnevalstheater“ (Originalton Marsching) in den Landtag gebracht hatten, sehen das ganz anders. Immerhin führe der Beschluss der CDU zur Verunsicherung von vielen Tausend Menschen auch in NRW, wird argumentiert. SPD-Fraktionschef Norbert Römer sieht in dem Beschluss des CDU- Parteitages eine Sabotage der Integrationspolitik in Deutschland und in NRW. Die Forderungen der CDU zielten vor allem auf Menschen mit türkischen Wurzeln. Und zeugten diesen gegenüber von Misstrauen. „ Wie soll denn da noch Integration gelingen?“, fragt Römer. Jungen Erwachsenen, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, deren Heimat Deutschland sei, die sich aber auch zur Herkunft ihrer Eltern bekennen wollten, sage die CDU: „Wir glauben nicht, dass ihr loyal sein könnt.“ Das sei ein verheerendes Signal an diese jungen Menschen. Römer stellt die rhetorische Frage, ob diese dafür büßen müssen, „dass die CDU Stimmen an die Nationalisten der AfD verloren hat.“
Römers Parteifreund Innenminister Ralf Jäger wird noch deutlicher: „Was ist das für ein Signal an die hier Geborenen und Aufgewachsenen? Denen wird das Signal gegeben: Ihr gehört nicht zu uns. Wir misstrauen euch.“ Diese Form von Ausgrenzung sei der Nährboden für Radikalisierung . Mehr noch: Der Beschluss des CDU-Bundesparteitages sei ein „Konjunkturprogramm für Extremismus.“
Laschet ducke sich bei dem Thema weg, lautet der Vorwurf der SPD. Der Fraktionschef der CDU ist bei der Debatte nicht anwesend, überlässt die Erklärung seinem Stellvertreter André Kuper. Der ist ganz bei der Einschätzung der Piraten, als er die Debatte als Inszenierung eines Bundesthemas und als „rot-grüne Klamaukveranstaltung“ bezeichnet. Kuper verweist darauf, dass sich Parteitagsbeschlüsse nur selten 1:1 in Regierungsprogrammen wiederfänden. Fakt sei, dass die Optionspflicht 2014 abgeschafft worden sei. Und weil die CDU koalitionstreu sei, „wird sie sich an diese Regelung in der laufenden Wahlperiode halten.“ Fakt sei aber auch, dass Koalitionsvereinbarungen keiner Ewigkeitsgarantie unterlägen. „Wann und wie die Parteitagsbeschlüsse umgesetzt werden, entscheidet zunächst einmal die Partei und letztlich der Wähler“, hält Kuper alle Wege für seine Partei offen.