Affäre Der freigestellte Wendt — das große Rätsel

Erklärungsversuche im Landtag, warum der Polizeigewerkschafter weiter bezahlt wurde. Ex-Innenminister Wolf meldet sich zu Wort.

Düsseldorf. Schon die Tagesordnung der gestrigen Landtags-Innenausschuss-Sitzung las sich kurios: Zu Beginn waren drei „Aktuelle Viertelstunden“ angesetzt. Alle zum selben Thema: die Affäre Wendt. Die Landtagspolitiker machten aus drei mal 15 Minuten mehr als zweieinhalb Stunden. Das lag zum einen daran, dass die Opposition einmal mehr die Chance sah, die Sitzung zum Tribunal gegen Innenminister Ralf Jäger (SPD) zu machen (siehe S. 1). Zum anderen aber auch daran, dass selbst langgediente Politiker nicht so recht verstehen konnten, wie es sein kann, dass ein Gewerkschafter jahrelang undokumentiert freigestellt wird und Bezüge als Polizist bekommt.

Innenminister Ralf Jäger (SPD) und sein Staatssekretär Bernhard Nebe konnten dazu nur Teilerklärungen liefern. Es bestehe der Eindruck, dass es mündliche Absprachen während der Amtszeit der Regierung unter Jürgen Rüttgers (CDU/2005-2010) und Innenminister Ingo Wolf (FDP) gegeben habe, sagte Innen-Staatssekretär Bernhard Nebe. Mit Wendts Wechsel vom Duisburger Polizeipräsidium 2006 nach Mönchengladbach habe er offenbar keinen Polizeidienst mehr leisten müssen. Kurz vor Ende der Regierung Rüttgers sei CDU-Mitglied Wendt im Januar 2010 ins Duisburger Landespolizeiamt versetzt und befördert worden. Ralf Jäger, darauf wies Nebe hin, sei erst seit Sommer 2010 Innenminister.

Dass jemand befördert wird, der gar nicht aktiv arbeitet, ist für die Grünen-Abgeordnete Monika Düker „der Hammer“. Sie stellt die Frage: „Wie wird jemand beurteilt, der gar nicht da ist?“

Jäger sagt, dass eine vollständige Freistellung Wendts vom Polizeidienst nie erklärt worden sei, zumindest nicht in einer schriftlichen, in die Personalakte einfließenden Form. Nach der Aktenlage sei Wendt immer teilzeitbeschäftigt gewesen. Ob Absprachen bestünden, sei Gegenstand des laufenden Verwaltungsermittlungsverfahrens. Es sei der Eindruck entstanden, „dass zumindest seit 2006 eine Praxis an den Tag gelegt wurde, die sich verselbstständigt hat.“ Aus der Personalakte von Wendt gehe hervor, dass kleinere Nebentätigkeiten angezeigt wurden. Jäger: „Ganz offensichtlich hat es eine Absprache mit den Behördenleitungen gegeben, auf wessen Initiative auch immer, dass Herr Wendt überwiegend, vielleicht sogar vollständig seinen Dienst nicht wahrnehmen muss. Schriftlich ist dazu nichts vereinbart worden.“ Das müsse nun aufgearbeitet werden, und das gehe nur durch Befragung der damaligen Behördenleiter, die zum Teil schon pensioniert seien. In einem Fall sei ein Behördenleiter sogar schon verstorben.

Ingo Wolf, zur Zeit der gelb-schwarzen Landesregierung Innenminister, meldete sich am Donnerstag auch zu Wort: Die Teilzeitbeschäftigung von Rainer Wendt sei 2001 unter Rot-Grün begründet und erkennbar bis heute unter Innenminister Jäger beibehalten worden. „Zwischen Herrn Wendt und mir hat es keine Absprachen zu einer Freistellung gegeben.“