Einschulung: Wettlauf zum Abitur
In NRW sind die Erstklässler künftig fünfeinhalb Jahre. Experten ist das noch zu alt.
Düsseldorf. In Deutschland hat der Wettlauf zum Abitur begonnen. Immer früher, immer flexibler, heißt die Devise. Bayern und Baden-Württemberg ziehen bereits seit zwei Jahren die Schulpflicht schrittweise um mehrere Monate vor. Nordrhein-Westfalen folgt mit Beginn des neuen Schuljahres.
Während Kinder zwischen Rhein und Ruhr bislang schulpflichtig wurden, wenn sie bis zum 30. Juni das sechste Lebensjahr vollendeten, soll der Stichtag bis 2014/2015 auf den 31. Dezember vorverlegt werden. Für die i-Dötzchen, für die nächste Woche die Schule beginnt, galt bereits der Stichtag 31. Juli. Damit kommen die Kinder in den drei bevölkerungsreichsten Bundesländern in Zukunft mit fünfeinhalb Jahren in die Schule.
"Durch ein früheres Einschulungsalter wird die Zeit, in der Kinder besonders lern- und aufnahmebereit sind, künftig effektiver genutzt", heißt es im Düsseldorfer Schulministerium. Auf Antrag der Eltern wurden in NRW bislang jährlich rund neun Prozent aller Schulanfänger vorzeitig eingeschult. Bundesweit hat sich dieser Trend innerhalb eines Jahrzehnts verdreifacht: Mitte der 90er Jahre kamen durchschnittlich 2,5 Prozent der Kinder bereits mit fünf in die Schule, 1995 waren es schon fast acht Prozent.
Bildungsexperten geht die Entwicklung dennoch nicht schnell genug, denn im europäischen Vergleich leistet sich Deutschland weiterhin die ältesten Kindergartenkinder - und damit die ältesten Abiturienten. In den Niederlanden etwa sind die Erstklässler vier Jahre alt, in Italien fünf.
Früh lernen, früh fertig werden, früh dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen - zum Glück ahnen Kinder nicht, was von ihnen erwartet wird. Doch es gibt tatsächlich gute Gründe für eine frühere Einschulung. Internationale Konkurrenzfähigkeit ist zweitrangig - wichtiger ist, die Wissbegierde und Neugier der Kleinen zu befriedigen. Damit hätten auch Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern, die oft nicht einmal den Kindergarten besuchen, eine Chance. Das setzt aber voraus, dass die Grundschule die Alters- und Entwicklungsunterschiede der Schulanfänger berücksichtigt. Nur dann macht eine frühe Einschulung Sinn - und den Kindern Spaß.