FDP in NRW: Von Möllemann lernen

In Nordrhein-Westfalen besinnen sich die Liberalen vier Jahre nach dem Tod des Skandal-Politikers auf dessen Erbe.

<strong>Düsseldorf. Der Politiker Jürgen Möllemann war Zeit seines Lebens eine umstrittene, streitbare Figur. Als der passionierte Fallschirmspringer vor vier Jahren in den Tod sprang, war er für die FDP eine persona non grata. Er hatte wie kein anderer für diese Partei gekämpft, Wahlkämpfe geführt und gewonnen, die Liberalen mit dem Triumph bei der Landtagswahl 2000 wieder wachgeküsst, Tabus gebrochen, Gesetze verletzt und am rechten Rand gefischt - am Ende wollte niemand mehr etwas mit ihm zu tun haben. Doch die Zeiten haben sich geändert: Über Möllemann wird in der FDP wieder offen geredet.

Fraktionschef Papke lobt Möllemanns strategischen Ansatz

"Ich bin froh, dass wir wieder freier über Möllemann reden", sagte Gerhard Papke, Fraktionschef der FDP im Landtag, unserer Zeitung. Er kannte den langjährigen liberalen Landesparteichef und stellvertretenden Bundesvorsitzenden seit Jahrzehnten. "Ich habe ihn lange bewundert. Am Schluss jedoch ging es nicht mehr", erinnert er sich an den turbulenten Herbst 2002. Damals musste sich Möllemann zunächst heftigster Kritik an seinem Flugblatt stellen, später wurden seine Schwarzgeldgeschäfte ruchbar. Die FDP schloss ihn unter großen Schmerzen aus. "Das hat weh getan", sagte Papke, der sich zuletzt auch von der lange Jahre beherrschenden FDP-Figur losgesagt hatte. Möllemann machte mit zwei strategischen Überlegungen Furore: Die FDP könne die dritte Volkspartei werden, sie müsse so stark sein, dass sie ohne Koalitionsaussage in Wahlen gehe. Und sie könne damit zudem ihren Charakter als opportunistische Funktionspartei verlieren. "Das sind heute noch zumindest teilweise höchst interessante Ansätze", so Papke. Der Wandel des aktuellen Parteiensystems werde durch das Auftreten der Linkspartei weiter beschleunigt und biete so neue Chancen für die FDP. "CDU und SPD verlieren an Anziehungskraft. Eine marktwirtschaftlich wie sozialpolitisch profilierte FDP kann diese Chance nutzen, wie auch Möllemann gesagt hat", bestätigte Papke. Am Ende dieser Entwicklung könnte eine deutlich stärkere liberale Partei stehen, an der kein Weg vorbei führe. Nur in einem Punkt ist Papke deutlich anderer Meinung als Möllemann: "Wir werden eine Koalitionsaussage treffen: zugunsten der CDU." Möllemann habe damals aus der Opposition heraus argumentiert, jetzt, nach der Etablierung der CDU/FDP-Koalition in NRW, sei die Situation eine deutlich andere.

Damit sagt Papke nur die halbe Wahrheit. Denn Möllemann stand damals zumindest für die Möglichkeit einer sozialliberalen Konstellation. Diejenigen, die ähnlich dachten, haben heute in der NRW-FDP nichts mehr zu sagen. Alles ist auf Schwarz-Gelb getrimmt - ganz pragmatisch.

Auch finanziell ist Möllemanns Erbe in der FDP noch höchst aktuell. Denn noch immer leidet die Landespartei unter der kriminellen Energie des großen Vorturners, der Konten im Ausland hatte, Geschäfte mit Saudis machte und Spendenbelege fälschen ließ. "900 000 Euro haben wir schon gezahlt, weitere 1,1 Millionen haben wir zurückgestellt", sagte Paul Friedhoff, Schatzmeister der NRW-FDP und Bundestagsabgeordneter.