Gutachten: Neue Chance für Kraftwerk Datteln
Essen/Datteln (dpa). Das wegen Planungsfehlern gerichtlich gestoppte E.ON-Kohlekraftwerk Datteln hat nach einem aktuellen Gutachten Chancen für einen neuen Genehmigungsanlauf. Ein sogenanntes Zielabweichungsverfahren könne erfolgreich durchgeführt werden, hieß es in einem am Mittwoch veröffentlichten Gutachten des Planungsrechtlers Martin Kment, das der Regionalverband Ruhr in Auftrag gegeben hatte.
Das Oberverwaltungsgericht in Münster hatte den Bebauungsplan für das rund 1,2 Milliarden Euro teure Kraftwerk im September 2009 wegen Verstößen gegen das Umwelt- und das Planungsrecht für ungültig erklärt. Das Kraftwerk liege nicht an dem im gültigen Regionalplan ausgewiesenen Standort und zu nah an Wohngebieten. Mit einem Zielabweichungsverfahren könnte der RVR den Regionalplan verändern.
Die Entscheidung darüber steht in der RVR-Verbandsversammlung am 20. Juni an. Ein Änderungsverfahren erfordert das Auslegen aller Unterlagen und würde nach Einschätzung von Fachleuten etwa ein halbes Jahr dauern. Juristen streiten darüber, ob eine nachträgliche Regionalplanungsänderung zur Heilung der Rechtsverstöße beim Kraftwerksbau rechtlich möglich ist.
Es gibt auch ein gegenteiliges Gutachten. Diese Expertise des Dresdner Professors Martin Schulte im Auftrag der deutschen Umwelthilfe (DUH) hält eine Regionalplanänderung für rechtswidrig. Das Steinkohlekraftwerk - mit über 1000 Megawatt eines der größten in Europa - ist zwischen Anliegern und Umweltschützern einerseits und Industrie und Gewerkschaften andereseits heiß umstritten.
Es müsse so schnell wie möglich ans Netz, „anstatt es zu einer weiteren Industrieruine verkommen zu lassen“, verlangten der Deutsche Gewerkschaftsbund, die IG Metall und die IG Bergbau, Chemie, Energie am Freitag kürzlich in einer gemeinsamen Erklärung.