Untersuchungsausschuss um Schulze Föcking Hacker-Affäre - Opposition stellt Glaubwürdigkeit der Landesregierung in Frage

Ein Untersuchungsausschuss beschäftigt sich mit dem vermeintlichen Hacker-Angriff auf die frühere Agrarministerin Christina Schulze Föcking (CDU). Die Opposition zweifelt an der Glaubwürdigkeit der Landesregierung.

Regierungssprecher Christian Wiermer vor der Zeugenvernehmung

Foto: dpa/Henning Kaiser

Wer einen demütigen Regierungssprecher erwartet hatte, der sich gar entschuldigen würde, sieht sich getäuscht. Christian Wiermer (36) tritt forsch auf – im Untersuchungsausschuss des NRW-Landtags zur vermeintlichen Hacker-Affäre im Fall der früheren Umweltministerin Christina Schulze Föcking (CDU). Und steht den aggressiv fragenden Abgeordneten von SPD und Grünen in seinem von wenig Selbstzweifeln getrübtem Antwortverhalten nicht nach. Das geht so weit, dass ein Abgeordneter ihn gar ermahnt: ein hoher Regierungsmitarbeiter habe Respekt gegenüber dem Parlament zu zeigen.

Dabei sind die Ausschussmitglieder gegenüber dem Zeugen selbst auch nicht zimperlich. So attackiert SPD-Mann Christian Dahm den Regierungssprecher, der in seinem früheren Berufsleben unter anderem Journalist bei einer Boulevardzeitung war, mit der provokanten Frage: „Entspricht das Motto ,Schnell, Schneller, Express’ auch jetzt noch Ihrer Arbeitsweise?“ Dass da auch mal vom Befragten zurückgekeilt wird, kann kaum überraschen. Ausschussvorsitzender Hans-Willi Körfges (SPD) jedenfalls beschreibt die Stimmung im Saal leicht beschönigend als „Grundaufgeregtheit“.

Statement von Regierungssprecher dauert eine Stunde

Die Abgeordneten im Untersuchungsausschuss sind schon genervt, als Wiermer knapp eine Stunde lang im Eiltempo ein Statement verliest, in dem er erklärt, warum er und die Regierung richtig gehandelt hätten. Dabei und in den dann folgenden drei Stunden geht es darum, wie eine  Presseerklärung Wiermers vom 16.März. 2018 zu lesen ist und wie es dazu kam.

Die Vorgeschichte: Am 15. März 2018 hatte es einen vermeintlichen Hackerangriff auf das private Mediennetzwerk von Schulze Föcking gegeben. Wie von Geisterhand gesteuert lief dort plötzlich ein Video auf dem Fernseher. Wiermer sprach in seiner nur einen Tag später veröffentlichten Presseerklärung von „offenkundig kriminellen Eingriffen in die Privatsphäre der Ministerin“.

Wiermer weist Vorwurf der Täuschung „entschieden zurück“

Der Vorwurf der Opposition: Bevor die Ermittler den Sachverhalt geklärt hatten, wurden von der Staatskanzlei Tatsachen geschaffen, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Und um aus der Opferrolle der damals angeschlagenen Umweltministerin politisches Kapital zu schlagen. Als sich herausgestellt hatte, dass es keinen Hacker-Angriff, sondern lediglich einen Bedienfehler des privaten Mediennetzwerkes von Schulze Föcking gegeben hatte, unternahmen wochenlang weder die Ministerin noch die Landesregierung etwas, um die selbst in die Welt gesetzte Darstellung richtigzustellen.

Wiermer erklärt am Freitag im Ausschuss wortreich, dass seine mit dem Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminski, und dem Sprecher des Innenministeriums abgesprochene Presseerklärung auf dem  seinerzeitigen Ermittlungsstand basierte. Ihm sei es um Transparenz gegangen. In den Tagen danach habe es keinen Anlass gegeben, an dem in der Pressemitteilung geäußerten Verdacht zu zweifeln. Er habe die Sache transparent machen wollen, sagt Wiermer. Zumal der Vorgang durch eine  WE-Meldung (regierungsinterne Meldung über ein wichtiges Ereignis) bereits einem größeren Empfängerkreis bekannt gewesen sei.

Wenn die Landesregierung in dieser Lage geschwiegen hätte, so argumentiert Wiermer, hätte es doch ebenfalls Kritik gegeben. Dass er mit falscher oder voreiliger Information die  Öffentlichkeit in die Irre geführt habe, weist er „entschieden zurück“.

„Mit Schulze-Föcking abgesprochen“

Als dann später die Pressehoheit, also die Zuständigkeit für die Kommunikation mit der Öffentlichkeit, auf die Staatsanwaltschaft übergegangen sei, habe man das respektiert. Daher sei keine Kommunikation mehr durch die Staatskanzlei erfolgt. Man habe sich mit Schulze Föcking abgesprochen, diese sollte die Öffentlichkeit informieren, wenn es ein solides Ermittlungsergebnis gebe. Schulze Föcking ging erst am 7. Mai mit der Nachricht an die Öffentlichkeit, dass es doch keinen Hackerangriff gegeben hat.

Der im Anschluss an Wiermer als Zeuge vernommene Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminski, wiederholt in ganz ähnlichen Worten, was zuvor schon Wiermer gesagt hat. Die Abgeordneten der Opposition können Wiermers Versicherung, er habe sich nicht mit Liminski abgesprochen, nur stirnrunzelnd hinnehmen. SPD und Grüne reiben sich nicht nur an dem aus ihrer Sicht arroganten Auftreten des Regierungssprechers im Ausschuss, sondern zeigen sich auch brüskiert durch seine Aussagen.

Andreas Bialas (SPD) gibt sich fassungslos.  „So einen Auftritt eines Regierungssprechers habe ich noch nicht erlebt.“ Zur Zeit der Pressemitteilung habe es keinerlei Erkenntnisse gegeben, die eine solche Erklärung gerechtfertigt hätten. Die Landesregierung sei mit einem nicht abgesicherten Ermittlungsstand an die Öffentlichkeit gegangen, um eine angeschlagene Ministerin aus der Schussbahn zu bekommen. Bialas: „Als dann immer deutlicher wurde, dass an der Sache nichts dran war, hat man überhaupt nichts mehr gesagt. Die gesamte Landesregierung hat sich in Schweigen gehüllt.“

Monika Düker (Grüne) pflichtet bei: „Ich hätte erwartet, dass der Regierungssprecher seinen Fehler eingesteht. Diese Chance hat er vertan“. Die Glaubwürdigkeit der Landesregierung sei erschüttert. Düker: „Die Öffentlichkeit muss sich darauf verlassen können, dass das, was an Informationen durch den Regierungssprecher nach draußen dringt, den Tatsachen entspricht.“ Selbst wenn man zugestehen würde, dass die Pressemitteilung im Eifer des Gefechts entstand, so habe man die Verantwortung gehabt, dies später richtigzustellen.

CDU-Mann Olaf Lehne dagegen kann Wiermers Erklärungen „nachvollziehen“. „Ich finde, er hat das angemessen gemacht“, kommentiert er dessen Auftritt.