U-Ausschuss Schulze Föcking und die Rätsel der „Hacker-Affäre“
Düsseldorf · Die Affäre um Ex-NRW-Umweltministern Schulze Föcking wird neu beleuchtet. Als erste Zeugin hat sie im Landtag ausgesagt - und das Leid ihrer Familie geschildert. Doch der Opposition geht es um etwas ganz anderes.
Eine fast vergessene Geschichte wird neu aufgerollt. Die Affäre um die nach knapp einem Jahr Amtszeit zurückgetretene NRW-Umweltministerin Christina Schulze Föcking (CDU) wird seit Montag öffentlich analysiert – durch einen Untersuchungsausschuss des Landtags. Ziel der Opposition von SPD und Grünen ist weniger die Hauptperson der Affäre selbst, die als erste Zeugin drei Stunden lang aussagt. Schulze Föcking ist politisch nicht mehr interessant. Es geht um etwas anderes: Haben ihre Ministerkollegen, die Staatskanzlei oder gar der Ministerpräsident bewusst über längere Zeit Informationen zurückgehalten, um aus der Opferrolle Schulze Föckings politisches Kapital zu schlagen?
Die Vorgeschichte: Kurz nach Schulze Föckings Amtsantritt werden im Fernsehen Bilder aus dem Schweinemastbetrieb ihrer Familie in Steinfurt gezeigt. Heimlich eingedrungene Tierschützer haben die Aufnahmen von Tieren mit schweren Verletzungen gemacht. Das führt zu massiven Bedrohungen gegen Schulze Föcking und Belastungen ihrer Familie, wie die Ex-Ministerin im Ausschuss erzählt. Und dabei auch schockierende Formulierungen aus Hassmails nicht ausspart.
Das sei die Grundstimmung gewesen, als am 15. März abends im Privathaus der Schulze Föckings unvermittelt auf dem Fernseher ein Video läuft, in dem es um eine Landtagsdebatte zu den Vorkommnissen auf dem Hof geht. Der Verdacht: Jemand hat sich in das private Netzwerk gehackt und das Video ferngesteuert abgespielt. Vor diesem Hintergrund bekommt Schulze Föcking umgehend Solidaritäts-Bekundungen der anderen Parteien. „Das hat mir und meiner Familie sehr viel bedeutet“, sagt sie am Montag dazu.
Schließlich stellt sich heraus, dass die Videoübertragung ohne ein Eingreifen Dritter über einen Tablet-Computer ihrer Mutter ausgelöst worden ist. Doch die politisch angeschlagene Ministerin unternimmt wochenlang nichts, um das in der Öffentlichkeit richtigzustellen. Ebenso wenig macht das die Landesregierung. Sie habe, so der im Ausschuss nicht ausgesprochene, aber durchaus mitgedachte Vorwurf der Opposition, die Opferrolle der Ministerin aufrecht erhalten wollen.
Warum sie selbst erst Wochen später klargestellt habe, dass es keinen Hacker-Angriff gegeben habe, will die Opposition wissen. Schulze Föcking sagt, sie habe den Abschlussbericht der Ermittler abwarten wollen. Ob und wann sie denn mit den Ministerkollegen oder dem Regierungschef über den jeweiligen Ermittlungsstand und damit über eine Zerstreuung des Verdachts gesprochen habe, wird Schulze Föcking gefragt. Sie bleibt da eher im Ungefähren. Am Rande der Kabinettssitzungen sei davon die Rede gewesen. Jedenfalls bislang kann die Opposition ihr und der Landesregierung nicht nachweisen, dass bewusst Erkenntnisse zurückgehalten wurden und so die Öffentlichkeit und die sich solidarisch erklärenden Politiker der anderen Parteien bewusst im Unklaren gelassen wurden. Ob es so war, könnten weitere Zeugenvernehmungen in den nächsten Wochen ergeben.