Hochschulrecht / FH Gelsenkirchen: Skandal um Professoren weitet sich aus
Analyse: Nach der Beurlaubung von Rektor und Kanzler leitet nun ein Beamter die FH Gelsenkirchen.
Düsseldorf. Der Unterschlagungsskandal an der Fachhochschule (FH) Gelsenkirchen zieht immer weitere Kreise. Nachdem vergangene Woche bereits drei Professoren, darunter ein Prorektor, sowie ein Ex-Mitarbeiter in U-Haft genommen worden waren, hat NRW-Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) jetzt auch den Rektor und den Kanzler der FH beurlaubt. Der Kanzler hat gegen die Beurlaubung bereits Klage beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen eingelegt.
Seit gestern führt Ministerialdirigent Heiner Kleffner (64) die Geschäfte des FH-Rektorats. In der offiziellen Mitteilung des NRW-Innovationsministeriums dazu heißt es: "Notwendig wurde die Einsetzung eines staatlichen Beauftragten an der FH Gelsenkirchen, weil das ursprünglich sechsköpfige Rektorat nach der Beurlaubung des Rektors und des Kanzlers sowie der vorangegangenen Verhaftung eines Prorektors nicht mehr beschlussfähig war."
Erst auf Nachfrage unserer Zeitung, welche konkreten Gründe denn zur Beurlaubung von Rektor und Kanzler geführt hatten, räumte Pinkwart-Sprecher André Zimmermann ein: "Der Minister hatte im Zusammenhang mit dem Bericht des Landesrechnungshofes Fragen an die Hochschulleitung gestellt. Diese Fragen wurden nicht hinreichend beantwortet."
Im Mittelpunkt der Untersuchungen von Staatsanwaltschaft und Landesrechnungshof steht das der FH Gelsenkirchen angegliederte "Inkubator-Zentrum Emscher-Lippe". Das Ende 2000 gegründete Zentrum sollte Existenzgründern Beratung und Startkapital geben, war dazu mit mit mehr als zwölf Millionen Euro voll aus Steuermitteln finanziert worden.
Der Landesrechungshof rügt nun in seinem Bericht, dass "die Fördermittel des Landes weitgehend zweckwidrig sowie nicht wirtschaftlich verwendet" worden seien. Eine Kontrolle über die Verwendung der Gelder habe es praktisch nicht gegeben. So hatte die FH die Frist für die Abgabe von Verwendungsnachweisen für die Fördergelder zehn (!) Mal verlängert. Vorsitzender des Aufsichtsrats im Inkubator-Zentrums ist der FH-Rektor. Er gilt übrigens bei Hochschulbediensteten als "Autokrat, ohne dessen Wissen nicht ein einziger Brief das Rektorat verlässt".
Neues Hochschulrecht Seit dem 1. Januar dieses Jahres ist in NRW das neue Hochschulfreiheitsgesetz in Kraft. Danach ist eine Hochschule keine staatliche Einrichtung mehr, sondern eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.
Hochschulrat Nach dem neuen Gesetz ist künftig der so genannte Hochschulrat "Vorgesetzter" von Hochschulrektoren. Er hat Züge eines Aufsichtsrates, stellt ein gesellschaftliches Kontrollorgan dar. Der Vorsitzende des Rates wird von außen gewählt und ist Dienstvorgesetzter der hauptamtlichen Mitglieder der Hochschulleitung.
Übergangsregelung Bis zur (derzeit noch nicht erfolgten) Wahl nimmt laut Gesetz der amtierende NRW-Wissenschaftsminister die Aufgaben des Hochschulrates wahr. In dieser Eigenschaft hat Innovationsminister Andreas Pinktwart (FDP, Foto) jetzt die Beurlaubung von Rektor und Kanzler der FH Gelsenkirchen angeordnet.