Immer weiter — nur mehr Grün

Schon jetzt steht fest: Nach der Landtagswahl 2017 wollen die NRW-Grünen wieder eine Regierungskoalition mit der SPD. In schwierigen Zeiten macht eine selbst in Auftrag gegebene Studie Mut.

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Düsseldorf. „44 Prozent“, sagt die Frau vom Fernsehen erstaunt: „Das ist aber schon ein ambitioniertes Ziel, oder?“ Sven Lehmann lächelt. Ganz so könne man das ja nun auch nicht verstehen, sagt der NRW-Landesvorsitzende der Grünen. Nicht jeder der 44 Prozent, die sich vorstellen könnten, bei der nächsten Landtagswahl 2017 Grün zu wählen, wählten sie ja auch tatsächlich. Alles klar?

Wenn die Zeiten schlechter, die Arbeit in der Regierung zäher und das eigene Profil unkenntlicher werden, hilft: eine Studie. Natürlich von eigener Hand in Auftrag gegeben — und vom Institut TNS Infratest umgesetzt. Jetzt wissen die NRW-Grünen immerhin, dass sie Potenzial haben. Luft nach oben. 44 Prozent von 1000 befragten Menschen können sich vorstellen, Grün zu wählen. Grundsätzlich. Das sei seit der Landtagswahl 2012 eine Steigerung um sieben Prozentpunkte. Wohlgemerkt: 11,3 Prozent der Wähler entschieden sich bei der Landtagswahl 2012 für Grün. Tatsächlich.

Vermutlich aber ist so ein Potenzial ganz ermutigend in einer Zeit, in der es in der NRW-Regierungskoalition die ein oder andere Schieflage gibt. Und die Grünen als Regierungsbeteiligte einen Flüchtlingsskandal mitverantworten müssen, der Innenminister Ralf Jäger (SPD) gehörig unter Druck setzt. Und auch die Koalition?„Niemanden schmerzt dieses Thema so sehr wie uns Grüne“, sagt Lehmann.

Der Grat ist schmal. Wie bei einem solch originär Grünen-Thema das Gesicht wahren und gleichzeitig den Koalitionspartner nicht verärgern? „Der Innenminister“, kritisiert die Landesvorsitzende Mona Neubar am Donnerstag, „hätte viel früher zur Chefsache machen müssen, dass es in Erstaufnahmeeinrichtungen eine Mangelverwaltung gibt. Das war bekannt.“

Ein Schritt vor, einen zurück. Denn dann springt sie dem Minister doch zur Seite. Der habe sofort und sehr entschlossen reagiert, als er von den furchtbaren Misshandlungen erfahren habe. Neubaur: „Für Grüne ist es nicht selbstverständlich, dass Mitarbeiter eines Sicherheitsunternehmens einer LKA-Prüfung unterzogen werden.“ Ihr, sagt Neubaur, gehe es um die Flüchtlinge, nicht um eine Jagd auf Jäger.

Und es geht darum, könnte man hinzufügen, als Grüne trotzdem noch glaubwürdig zu bleiben. „Wir waren und bleiben die Partei, die sich für den Schutz von Flüchtlingen einsetzt, auch in Nordrhein-Westfalen“, sagt Neubaur, fordert gesetzliche Festschreibung von Standards für die Unterbringung in Flüchtlingsheimen und die „sofortige Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes“.

Und so geht Politik auch: Ist der Kessel unter Dampf, sendet man Zeichen des Zusammenhalts. Gut zweieinhalb Jahre vor der nächsten Landtagswahl bekennen sich die NRW-Grünen zur Fortsetzung ihrer Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten. „Wir streben über 2017 hinaus eine Regierungskoalition mit der SPD an“, sagt Lehmann. Bis dahin will er „Mega-Themen“ besetzen. Klima- und Umweltpolitik als „Markenkern grüner Politik“. sowie Kinder und Bildung als auch Freiheit und Bürgerrechte. Wenig überraschend. Aber es muss ja mal gesagt werden.

Zentral bleibe auch das Thema Verkehr. Nichts wird mehr verboten, auch kein Auto. Schließlich, sagt Lehmann, wolle man nicht mehr als Verbotspartei wahrgenommen werden. Aber: Die Alternativen wollen sie stärken. Und dann neben der SPD noch stärker werden. Wenn es auch am Ende wahrscheinlich keine 44 Prozent werden.