Interview: „Die Gymnasien werden sich weiter öffnen müssen“
Die neue Schulministerin Sylvia Löhrmann zu den geplanten Reformen und der Koalition.
Frau Löhrmann, Sie wollen in NRW die Gemeinschaftsschule einführen, gleichzeitig aber den bundesweiten bildungspolitischen Flickenteppich beseitigen. Ist das nicht ein Widerspruch?
Löhrmann: Nein. Wir haben doch derzeit folgende Situation: Es gibt bundesweite Standards für die Abschlüsse in der Sekundarstufe I und für das Abitur. Das wissen die Menschen nur viel zu wenig. Und daran müssen wir etwas ändern. Vor allem möchte ich, dass das Kooperationsverbot fällt und der Bund sich wieder direkt an Projekten, etwa zum Ganztagsunterricht, beteiligen kann. Das richtet sich ausdrücklich nicht gegen die Vielfalt und die Kompetenzen der Länder.
Löhrmann: Es ist vor allem ein Angebot an den ländlichen Raum, wo wegen der sinkenden Schülerzahlen immer mehr Schulen schließen müssen. Bürgermeister und Landräte - auch aus der CDU - wollen das: eine starke Schule vor Ort.
Löhrmann: Sie sortiert die Kinder nicht nach der vierten Klasse, lässt Bildungsgänge offen und fördert jedes Kind individuell. Sie ist daher für die Eltern hoch attraktiv.
Löhrmann: Wir schaffen von Landesseite keine Schulform ab. Insofern bleiben sie selbstverständlich erhalten. Aber auch Gymnasien werden sich weiter öffnen müssen, zum Beispiel für Kinder mit Zuwanderungsgeschichte, und sich dem Wettbewerb mit der Gemeinschaftsschule stellen.
Löhrmann: Nein. Denn wir gehen ja ganz anders vor. Im Gegensatz zu Hamburg verordnen wir nichts, sondern schaffen ein zusätzliches Angebot auf freiwilliger Basis. Dafür müssen wir noch nicht einmal das Schulgesetz ändern, denn der Paragraf 25 ermöglicht die Genehmigung von Gemeinschaftsschulen.
Löhrmann: Die sehe ich nicht. Wir werben bei allen Fraktionen um Zustimmung mit wechselnden Mehrheiten.
Löhrmann: Bei der FDP etwa beim Datenschutz, Bürgerrechten und der Kinderbetreuung. Bei der CDU bei den Themen Steinkohle, Kommunen und Stadtwerke.
Löhrmann: Ich frage mich, wie lange vor allem die CDU diese Blockadehaltung durchhält. Denn schließlich müssen die Unions-Abgeordneten ja auch die Interessen ihrer Gemeinden vertreten. Und die verlangen dringend nach Hilfe bei den Finanzen und kämpfen für die Zukunft ihrer Stadtwerke. Und wenn die Beton anrühren, dann stellt sich irgendwann die Frage nach Neuwahlen. Da bin ich angesichts der Umfragen gespannt, wie sich CDU und FDP verhalten.
Löhrmann: Ich hoffe, dass wir fünf Jahre regieren. Die Zusammenarbeit mit der SPD läuft hervorragend - sach- und zielorientiert.
Löhrmann: Stadtrat und die Stadtspitze müssen aufklären und sich ihrer Verantwortung stellen. Und es ist ganz wichtig, dass die Bevölkerung selbst aktiv werden kann. Das ist geschehen mit dem Trauermarsch und dem geplanten Denkmal. Das hat uns damals in Solingen sehr geholfen, weil die Zivilgesellschaft zusammengestanden hat.