WZ Exklusiv-Interview (2/3) Interview mit Petra Hinz: Gabriel und Schmidt haben sich bemüht, den Menschen Petra Hinz zu sehen

Die SPD-Politikerin spricht über ihre Lebenslüge und findet deutliche Worte für den Chef der Essener SPD. (Teil 2/3)

Petra Hinz bei einer Rede im Bundestag im Februar 2013.

Foto: Sven Hoppe

Warum schaden Sie dann, wie Thomas Kutschaty es sagt, derart Ihrer Partei?

Hinz: Ich glaube, dass diese, ich nenne es mal Kampagne, die Kutschaty führt, mehr schadet. Er hat in keiner Phase zur Deeskalation beigetragen, sondern sein eigenes Spiel gespielt.

Inwiefern?

Hinz: Zur Chronologie: Am Abend der Veröffentlichung telefonieren wir gegen 22 Uhr miteinander und vereinbaren den Weg zu meinem Rückzug. Und dass wir am nächsten Morgen noch mal darüber telefonieren. Daran hat er sich nicht gehalten, wie an keine der Absprachen. Um 1 Uhr nachts erhalten der geschäftsführende Vorstand des Unterbezirks und ich eine Mail, in der Kutschaty mich unverzüglich zur Mandatsniederlegung auffordert. Einen Tag später werde ich in der Klinik krankgeschrieben. Von da an ist er fast täglich mit Neuigkeiten an die Medien gegangen, die mit mir nicht mal besprochen wurden. Von der Sondersitzung im Unterbezirk am 1. August erfahre ich ebenfalls nachträglich per Mail. Darin enthalten ein Ultimatum, das Mandat abzugeben, alle Parteifunktionen niederzulegen und die Ankündigung eines Parteiordnungsverfahrens. Kein Anruf, nichts. Ich war immer loyal, habe Kutschaty und die SPD Essen sehr unterstützt, als er nach der verlorenen Kommunalwahl das Ruder für die SPD in Essen übernommen hatte. Ich will und muss dafür bezahlen, dass ich getäuscht habe. Aber ich habe meine Arbeit immer nach bestem Wissen und Gewissen geleistet. Kutschaty hat mich endgültig zum Abschuss freigegeben. Ich bin mir meiner Schuld absolut bewusst und ziehe die Konsequenzen, aber ich habe auch einen letzten Rest Würde verdient.

Muss ein Justizminister nicht wissen, dass der Unterbezirk gar kein Ultimatum an ein Mitglied des Bundestages stellen kann?

Hinz: Ich bin nicht sehr erstaunt. Ein Beispiel: Als es darum ging, die Delegierten für den Bundesparteitag zu wählen, hatte er die Versammlung aufgelöst, obwohl nicht alle Stimmen ausgezählt waren. Weil es zum Patt zwischen Jens Geyer und einer Genossin kam, müssen die Frauen nun neu gewählt werden wegen der Quote. Sein Fehler wird auf dem nächsten Parteitag am 10. September korrigiert.

Hat die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft sich bei Ihnen gemeldet?

Hinz: Ja.

Hat Sie Ihnen Hilfe angeboten?

Hinz: Nein. Ich störe natürlich. Im nächsten Jahr sind Landtagswahlen. Es geht darum, mich so schnell wie möglich von der Bildfläche verschwinden zu lassen.

Können Sie das nachvollziehen?


Hinz: Sagen wir, ich verstehe die Sorgen. Dass es anders geht, haben Sigmar Gabriel und Ulla Schmidt gezeigt. Sie haben sich ernsthaft bemüht, den Menschen Petra Hinz zu sehen, vor allem Ulla hat sich bemüht, mir zu helfen.

Sehen Sie sich als Opfer?

Hinz. Nein, und es geht auch nicht darum, nachzutreten. In dieser Position bin ich nicht und selbst wenn ich es wäre: Das ist nicht meine Art. Ich möchte den Menschen, die mir vertraut haben, sagen, dass es viele Facetten dieser Geschichte gibt.

Dieses Vertrauen haben Sie missbraucht. Haben Sie Ihr Mandat erschlichen?

Hinz: Ich wollte niemanden täuschen. Aber der gefälschte Lebenslauf ist nicht vom Tisch zu wischen. Doch ich glaube: Dafür wurde ich auch nicht gewählt. Ich war immer nah an den Menschen in Essen, habe meine Arbeit in Berlin gemacht. Mit einigem Erfolg. Grüne Hauptstadt, Millionen für den Kitaausbau. Ich war im Rechnungsprüfungsausschuss, im Haushaltsausschuss. Erst dieser Tage hat die ARD von mir eine Meinung zu der Anschaffung von Bundespolizeihubschraubern erfragt. Das, wofür ich gewählt wurde, habe ich mit viel Einsatz und meist gut gemacht. Die vielen Jahre in der Ratsarbeit waren für mich Lehrjahre, ich habe Kommunalpolitik von der Pike auf gelernt. Die Jahre im Bundestag waren mein Gesellenstück.

Zum letzten Teil des Interviews: Petra Hinz: Ich habe niemandem von der Lebenslauf-Lüge erzählt