Interview: „Seehofer schadet der Demokratie“

NRW-Minister Guntram Schneider attackiert Bayerns Ministerpräsident. Dessen Thesen zur Integration seien hochgefährlich.

Herr Schneider, Horst Seehofer schlägt einen Zuzugsstopp für Türken und Araber vor. Was ist Ihre Meinung?

Schneider: Ich kann mich da nur der Meinung der Bundesintegrationsbeauftragten, Maria Böhmer, anschließen: Das ist eine Katastrophe für die Integrationspolitik. Seehofer nimmt zwei Gruppen in Haftung und stellt sie unter Generalverdacht. Das wird der Sache nicht gerecht und schadet ihr nur. Und es schadet der Demokratie, weil es rein populistisch ist.

Schneider: Die allermeisten der Migranten und Migrantinnen sind integrationsbereit und wollen gerne mitmachen. Aber es gibt natürlich auch - wenige - andere, und da müssen wir selbstverständlich auch einfordern, dass sie sich auf unsere Gesellschaft einlassen und sich einbringen.

Schneider: Es klafft eine Lücke zwischen Vorurteilen und den Fakten. Wer weiß denn schon, dass die Zahl der Türken, die Fachabi machen, größer ist als die Zahl der türkischen Schulabbrecher.

So verlassen 8,9 Prozent der türkischen Jugendlichen die Schule ohne Abschluss, gleichzeitig erlangen mit 18,5 Prozent doppelt soviel die Fachhochschul- oder Hochschulreife. Wir müssen mehr über die Erfolgsgeschichten reden.

Schneider: Dabei beweist gerade die Geschichte von Mesut Özil wie aber auch die von Nuri Sahin, der bei meinem BVB Dortmund spielt, dass man aus einfachen Verhältnissen kommen und es dennoch schaffen kann.

Schneider: Der wichtigste Punkt ist der Städtebau. Die schlechte Architektur aus den 60er und 70er Jahren trägt zur Bildung sozialer Brennpunkte bei. Das müssen wir aufbrechen.

Schneider: Nein.

Schneider: Natürlich, es waren ja überall die Auszüge zu lesen, und Sarrazin war überall zu hören. Zu 90 Prozent ist das Buch Allgemeingut der Integrationspolitik. Und dann gibt es die höchst gefährlichen Passagen über Gene und Intelligenz. Das ist völkisches Gedankengut. Sarrazin ist für die SPD nicht tragbar.

Schneider: Im Moment sehe ich das noch nicht. Doch es gibt das Potenzial. Und Sarrazin und auch Seehofer tragen dazu bei, dass solche Gedanken salonfähig werden. Bei Möllemann ist das damals gescheitert. Aber das war ja im Vergleich zu heute harmlos.