Joachim Paul: „Piratenwähler sind Zornbürger“

Joachim Paul, Spitzenkandidat der Piraten bei der Landtagswahl, zu den Plänen und Ideen der politischen Freibeuter.

Herr Paul, Sie beklagen immer, der Etat des Landes sei nicht transparent. Hier haben Sie einen Stick mit den Daten. Das Herunterladen im Internet hat drei Minuten gedauert. Warum können das die Piraten nicht?

Paul: Diese Daten sind in der Tat zugänglich, das reicht aber nicht aus. Wir brauchen Zahlen und Informationen über Projekte bereits im Vorfeld, bevor sie beschlossen werden. Die müssen veröffentlicht werden, dafür treten wir ein.

Summiert man ihre Forderungen für den Bereich Bildung und den Nahverkehr, kommt man auf mehr als zehn Milliarden Euro, die das Land bereitstellen müsste. Woher soll das Geld kommen?

Paul: Sie haben Recht, wir haben noch keine Finanzierungsvorschläge, und die Ideen sind teuer. Deshalb sind wir auch dafür, zum Beispiel den ticketlosen Nahverkehr erst in Modellversuchen in mittelgroßen Städten wie etwa Solingen oder Mülheim zu testen.

Sie treten auf Bundesebene für das bedingungslose Grundeinkommen ein. Das lehnen selbst die Linken ab, weil es mit mehr als 80 Milliarden Euro zu teuer ist. Wie wollen Sie das bezahlen?

Paul: Es gibt insgesamt 27 Modelle für das bedingungslose Grundeinkommen. Wir sind dafür, sie gründlich durchrechnen zu lassen. Wir haben es geschafft, dass das Thema wieder diskutiert wird. Das ist überfällig.

Immer mehr Künstler laufen Sturm gegen die von Ihnen geplante faktische Abschaffung des Urheberrechts. Mit ihrer Umsonst-Kultur ruinieren Sie die Kulturlandschaft in Deutschland.

Paul: Im Gegenteil, sie wird erblühen. Das derzeitige Urheberrecht stammt aus der Vorinternetzeit und muss angepasst werden. Wir wollen es so ändern, dass auch die Urheber Geld bekommen, wenn zum Beispiel Musik heruntergeladen wird. Da gibt es viele Missverständnisse.

Wie würden Sie den typischen Piratenwähler beschreiben?

Paul: Als Zornbürger, nicht als Wutbürger. Es sind oft gebildete Leute, die die Verhältnisse verändern wollen.

Können Sie sich eine Regierungsbeteiligung der Piraten vorstellen?

Paul: Mit jedem Prozentpunkt hinter dem Komma, der jenseits der Fünf-Prozent-Marke liegt, wächst die Verantwortung. Zunächst einmal wollen wir üben. Aber nach ein, zwei oder drei Jahren könnte es sein, dass wir dann bereit sind, wenn es die Situation erfordert.

Was machen Sie am Morgen des 14. Mai, also am Tag nach der Landtagswahl?

Paul: Meine Kopfschmerzen bekämpfen, so oder so.