JVA Remscheid: Schwere Vorwürfe gegen Beamte

Die Quälerei eines Gefangenen soll vertuscht worden sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Remscheid/Wuppertal. Der nordrhein-westfälische Strafvollzug kommt nicht zur Ruhe: Nach dem Foltermord von Siegburg und einer Selbstmordserie gibt es nun schwere Vorwürfe gegen die Justizvollzugsanstalt (JVA) Remscheid.

Es geht um schwere Misshandlung eines Häftlings, bei der ein Beamter weggesehen und die die stellvertretende Anstaltsleiterin vertuscht haben soll. "Wir ermitteln in alle Richtungen", bestätigte der Wuppertaler Oberstaatsanwalt Ralf Meyer unserer Zeitung. Es bestehe ein begründeter Anfangsverdacht.

Die Anzeige ist bei der Staatsanwaltschaft Wuppertal anonym eingegangen. Der Informant bezeichnet sich selbst als jüngerer Angestellter der JVA und nennt sich "whistleblower" (englischer Ausdruck für einen internen Informanten). Aus dieser Quelle kamen nach Auskunft des Landesjustizministeriums bereits mehrere anonyme Hinweise.

Die hätten immer ein Stückchen Wahrheit enthalten, sich aber in vielen Details als unwahr erwiesen, so das Ministerium. Jetzt aber nehmen die Staatsanwälte die Hinweise so ernst, dass sie ermitteln.

In der Anzeige wird das Grauen hinter Gittern geschildert. Im Mittelpunkt steht das Opfer, ein Marokkaner. Er soll sich im vergangenen Herbst im Gefängnis Geld geliehen haben. Als er nicht zurückzahlte, nahm ihn sich eine Geldeintreiber-Truppe - bestehend aus vier Deutschen - vor, wird in der Anzeige behauptet. Die Häftlinge sollen das Opfer in der Anstaltsküche geschlagen und auf eine heiße Herdplatte gesetzt haben. Dieser Vorgang sei von einem JVA-Mitarbeiter beobachtet worden.

Detailliert schildert der Anonymus, dass sich die Szene nach zwei Wochen wiederholt habe. Der Marokkaner war das Geld noch schuldig, sei über mehrere Stunden heftig geschlagen worden. Danach habe er sich im Januar der stellvertretenden Anstaltschefin anvertraut. Die habe das Opfer davor gewarnt, auf einer Strafverfolgung der Täter zu bestehen. Die mutmaßlichen Täter seien nur in einen anderen Gefängnisflügel verlegt worden.

Das sind in der Summe schwere Vorwürfe, die von schwerer Körperverletzung bis zur Strafvereitelung im Amt reichen, sollten sie zutreffen.

Die Landespolitik fordert schnelle Aufklärung. "Wir verlangen morgen eine Sondersitzung der Vollzugskommission. Es kann nicht sein, dass aus Angst vor öffentlicher Empörung Missstände und Gewalt unter den Teppich gekehrt werden", sagte Grünen-Politikerin Monika Düker. Sie verweist auf die "Liste des Grauens" des Justizministeriums, die alleine für das vergangene Jahr 70 gewalttätige Übergriffe in NRW-Gefängnissen aufzählt.

In den vergangenen Wochen starben vier Häftlinge durch Selbstmord. Ende 2006 wurde im Siegburger Gefängnis ein Jugendlicher von Mithäftlingen zu Tode gefoltert.