Marode Gefängnisse JVA Wuppertal: Simonshöfchen - Sanieren oder neu bauen?
Das 1980 eröffnete Gefängnis in Wuppertal-Vohwinkel ist ein Sanierungsfall — sagt das Ministerium. Die geplanten Kosten: 148,8 Millionen Euro. Die FDP möchte prüfen lassen, ob ein Neubau sinnvoller ist.
Wuppertal. Ganz so baufällig wie das Gefängnis in Münster, das in der vergangenen Woche wegen Einsturzgefahr binnen 48 Stunden geräumt werden musste, ist die Justizvollzugsanstalt in Wuppertal-Vohwinkel (Simonshöfchen) nicht — aber die 1980 eröffnete Haftanstalt muss laut NRW-Justizministerium kernsaniert werden. Die rot-grüne Landesregierung will nach der Sommerpause im zweiten Nachtragshaushalt eine Summe in Höhe von 148,8 Millionen Euro zu diesem Zweck bereitstellen.
Lang ist die Liste der notwendigen Arbeiten in und an der JVA Wuppertal-Vohwinkel, wie Marcus Strunk, stellvertretender Sprecher des NRW-Justizministeriums, im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt. Die Fassade muss saniert werden, ebenso die Fenstervergitterung, die Umgebungsmauer und die Aussichtskanzeln. Auf der To-Do-Liste stehen noch die Erneuerung der kompletten sanitären Einrichtungen, der Küche, der Elektrik, der Sicherheitstechnik, des Brandschutzes, der Zaunanlagen und der Aufzüge.
Da die Gefängnisse vom Land nur gemietet werden, ist der Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) als Eigentümer für die Sanierung zuständig. Von den insgesamt 36 Gefängnissen in Nordrhein-Westfalen — 16 stammen noch aus der preussischen Zeit — müssen laut Strunk vier neu gebaut werden. Neben Münster betrifft das die Standorte Köln, Willich I und Iserlohn. Strunk betont, dass die meisten Gefängnisse nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern bundesweit sanierungsbedürftig sind.
„In den 1960er, 1970er und 1980er Jahren wurde nicht so gebaut wie früher oder heute“, sagt Strunk. Es bedeute also nicht, dass alte Gefängnisse grundsätzlich sanierungsbedürftiger sind als verhältnismäßig neue Haftanstalten — wie etwa Wuppertal-Vohwinkel.
Der Sanierungsbedarf habe höchst unterschiedliche Gründe, mal sei der Brandschutz nicht mehr im Rahmen der Vorschriften, in einigen Gefängnissen musste Asbest entfernt werden, in anderen wiederum die Technik erneuert. Klar sei nur, dass in jedem Gefängnis immer wieder Arbeiten anstehen. „Es hat in der Vergangenheit einen Sanierungsstau gegeben, deren versuchen wir Herr zu werden“, sagt Strunk. Die Landesregierung hatte zu diesem Zweck 2012 das „Justizvollzugsmodernisierungsprogramm“ ins Leben gerufen, um die schon absehbaren immensen Kosten zu stemmen.
Für die vier neu zu bauenden Gefängnisse ist eine Summe in Höhe von 787 Millionen Euro vorgesehen, für die Komplettsanierung der JVA Wuppertal-Vohwinkel 148,8 Millionen Euro. Das Geld wird in den nächsten fünf Jahren fließen, wie Strunk versichert. Dass die JVA Simonshöfchen nicht neu gebaut werden soll, liegt nach Angaben von Strunk an der Wirtschaftlichkeitsberechnung des BLB, nach der eben ein Neubau mehr Kosten verursachen würde als die Kernsanierung.
Das sieht allerdings nicht jeder so. Der Wuppertaler FDP-Landtagsabgeordnete Marcel Hafke ärgert sich, dass die Landesregierung nicht einmal die Politiker vor Ort informiert habe. „Wir waren davon völlig überrumpelt“, kritisiert Hafke. Selbst ein Kollege, der Mitglied des Beirates der JVA ist, habe nur von der Summe erfahren, aber nicht warum und wofür. Hafke: „Und warum sanieren und nicht über einen Neubau nachdenken?“ Der FDP-Politiker rechnet vor, dass das 2011 fertiggestellte Jugendgefängnis Wuppertal-Ronsdorf etwa 125 Millionen Euro gekostet habe. Hinzu kommen noch 20 Millionen Euro für den Abriss des alten Gebäudes. Summa summarum also in etwa der Betrag, der für die Sanierung des Gefängnisses in Vohwinkel vorgesehen ist.
Dass die Landesregierung so „dezent“ mit diesem Thema umgeht, liegt laut Hafke daran, dass „sie einer unangenehmen Diskussion aus dem Wege gehen möchte. Ein Gefängnisneubau sorge immer für große Aufregung, eine Sanierung dagegen eher nicht — außer wenn die Kosten sehr hoch sind. Hafke möchte eine Klärung herbeiführen, ob ein Neubau an der gleichen Stelle möglich ist. „Die Nachbarschaft hat sich ans Simonshöfchen gewöhnt“, meint Hafke — und rechnet an dieser Stelle nicht mit weiteren Problemen.