Klinik-Streik: Schlichtung gelungen, Patient lebt noch

Die Universitätskliniken in Essen und Düsseldorf kommen zu einer Einigung — nach einem der längsten Streiks der Geschichte.

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Düsseldorf. Von 1997 bis 1999 war Wilfried Jacobs mal Präsident des Fußball-Vereins Borussia Mönchengladbach. Vielleicht hat sich der Ex-Vorstandsvorsitzende der AOK (für Rheinland/Hamburg) zu Fußball-Zeiten seine Schlichter-Fähigkeiten zugelegt, die auch am Freitagmorgen, nach zähen, dreitägigen Verhandlungen bis 3.56 Uhr in Grevenbroich in der Nacht auf Freitag zum Tragen kamen. Als Schlichter Jacobs zusammen mit Schlichter Ulrich Preis — ein in Wuppertal geborener Rechtswissenschaftler der Universität Köln — den Arbeitsstreit zwischen den Universitätskliniken in Essen und Düsseldorf auf der einen und der Gewerkschaft Verdi auf der anderen Seite beendete, sagte er: „Erkennen Sie jetzt die Chancen, die in einer wunderbar gedeihlichen Zusammenarbeit in der Zukunft liegen können.“

Ein gewagtes Wort. Denn das Porzellan ist gewaltig zerschlagen. Hinter den Beteiligten liegt einer der längsten Streiks der deutschen Geschichte, wie Preis betonte. Ekkehard Zimmer, Kaufmännischer Direktor des Universitätsklinikums in Düsseldorf, sprach von 52 Streiktagen, 40 Millionen Euro Umsatzverlust, bis zu 46 Prozent Reduktion der Kapazitäten bei „Erhalt der Kostenstruktur“. 3000 Operationen seien verlegt oder verschoben worden — oder müssten jetzt nachgeholt werden. „Um die Kollateralschäden zu beheben und die tief gespaltene Kollegenschaft wieder zu einen, wird es Jahre brauchen“, so Zimmer.

Verdi-Bundesvorstandsmitglied Wolfgang Pieper bezeichnete die Einigung hingegen als einen „Meilenstein“ bei der Entlastung der Beschäftigten. Dennoch reiche die Zahl der geplanten neuen Stellen nicht aus, um den Bedarf wirklich zu decken. Die Einigung sei deshalb auch ein „Signal an die Politik“, endlich für vernünftige Arbeitsbedingungen in der Pflege zu sorgen.

Die zusätzlichen Stellen — 180 jeweils an beiden Kliniken und somit ein Plus von rund 15 Prozent — sollen vor allem die Situation bei der Pflege am Krankenbett verbessern.

Die besondere Konstellation des Vertragsabschlusses „irgendwo zwischen Tarifvertrag und Dienstvereinbarung“ betonte Preis: Es sei eine „schuldrechtliche Vereinbarung“ getroffen worden, die die gleiche Wirkung wie ein Tarifvertrag habe. Einen solchen durften die Universitätskliniken wegen ihrer Mitgliedschaft in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder einzeln nämlich nicht schließen. So sprach Preis angesichts des Pflegenotstands von einem „Pilotabschluss“: „Normalerweise wollen Beschäftigte mehr Lohn. Hier ging es aber um das nackte Überleben in der täglichen Arbeit“, sagte der Rechtswissenschaftler. Der Vorstandsvorsitzende des Universitätsklinikums Essen, Jochen Werner, machte auf negative Konsequenzen der Einigung aufmerksam.

Angesichts des Pflegenotstandes könnten die neuen Stellen in der Pflege nur dadurch besetzt werden, dass es zu Verschiebungen aus anderen Krankenhäusern komme. Dabei werde es auch Verlierer geben, Kliniken müssten als möglichst attraktiver Arbeitgeber um Personal kämpfen.

Neben der Schaffung zahlreicher neuer Stellen sieht die Vereinbarung auch vor, dass innerhalb von 18 Monaten für alle Pflegebereiche in den Kliniken Verfahren eingeführt werden, um den tatsächlichen Personalbedarf zu ermitteln.