K.o.-Tropfen: Willenlos und ausgeliefert

Kriminalität: Opfer, die mit K.o.-Tropfen betäubt werden, erinnern sich nicht an sexuelle Übergriffe.

Düsseldorf. Sie wachen auf und können sich an nichts mehr erinnern. Und doch gibt es untrügliche Hinweise darauf, dass etwas Furchtbares passiert sein muss: Schwindel, Übelkeit, Verletzungen, Schmerzen im Genitalbereich, Blutungen. Sexueller Missbrauch bis hin zur Vergewaltigung nach der Verabreichung von so genannten K.o.-Tropfen ist für die Opfer nicht nur ein besonders niederträchtiges Verbrechen. Auch die anschließende Beweisführung ist für die Ermittler sehr schwer.

Zuverlässige Zahlen über Sexualdelikte mit Hilfe der so genannten Vergewaltigungsdroge gibt es nicht. Das liegt zum einen daran, dass viele Mädchen und Frauen sich aus Scham nicht an die Behörden wenden, wie das nordrhein-westfälische Landeskriminalamt (LKA) berichtet. Wird Anzeige erstattet, ist es oftmals zu spät: K.o.-Substanzen können im Blut nur bis zu sechs Stunden nach Verabreichung, im Urin bis zu zwölf Stunden nachgewiesen werden, wie Dr. Lars Kröner vom Rechtsmedizinischen Institut an der Universität Köln erklärt.

Die Zeit läuft also gegen die Opfer, die nach einem Missbrauch in körperlich und psychisch desolatem Zustand sind und oftmals gar nicht begreifen, was mit ihnen passiert ist. Auch haben sie Angst, dass ihnen wegen ihres Filmrisses keiner glaubt.

Die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) autonomer Frauen-Notrufe in NRW geht daher von einer hohen Dunkelziffer aus. Und: Die Zahl der Verdachtsfälle steigt nach Angaben der Kölner Gerichtsmedizin.

Diese Erfahrungen machen auch die autonomen Frauen-Notrufe, berichtet Agnes Zilligen, Sprecherin der LAG. Die Einrichtungen befassen sich seit 2005 intensiv mit dem Thema, aufgeschreckt durch zwei Fälle: "Die beiden Frauen hatten untrügliche körperliche Anzeichen von Geschlechtsverkehr, konnten sich aber an nichts mehr erinnern", erzählt Zilligen. Im vergangenen Jahr startete die Zentrale dann eine Präventions-Kampagne.

Das Landeskriminalamt rät Frauen und Mädchen, sich bei einem Verdacht so schnell wie möglich an die Polizei zu wenden und sich zu schützen, wenn sie abends ausgehen. Denn die K.o.-Tropfen werden zumeist in Getränke gekippt - bevorzugt in Mixgetränke und Cocktails, damit eine mögliche leichte Trübung nicht zu erkennen ist. Die Opfer werden durch die Drinks vorübergehend willenlos, im schlimmsten Fall sterben sie an Atemstillstand.

Prävention Das LKA rät, in Diskotheken, Kneipen und auf Partys das Trinkglas nie unbeaufsichtigt stehen zu lassen. Will man beispielsweise auf die Tanzfläche gehen, sollte man Freunde bitten, das Glas im Auge zu halten. K.o.-Tropfen werden oft in die Getränke geschüttet, sie sind geschmacks- und geruchlos. Bemerkt eine Frau plötzliche Übelkeit oder Schwindel, sollte sie sofort Freunde oder Personal benachrichtigt, notfalls das Lokal unter Aufsicht verlassen.

Strafanzeige Bei einem Verdacht auf ein Verbrechen im Zusammenhang mit K.o.-Tropfen sollte so schnell wie möglich die Polizei benachrichtigt oder - wenn man verletzt ist - ein Krankenhaus aufgesucht werden. Nach Angaben des LKA sind die Polizeibehörden auf solche Fälle vorbereitet. Selbst eine Urinprobe zu sichern, reicht nicht aus, weil diese wegen der Möglichkeit der Manipulation nicht als Beweis anerkannt wird.