Laschet: Schönrederei hilft Populisten
Der nordrhein-westfälische CDU-Chef über Donald Trump, die Bedeutung von Streit in der Politik und den rot-grünen Gegner.
Düsseldorf. Wird nach der US-Wahl der Populismus auch hier bei uns stärker wirken — angesichts der im Mai anstehenden Landtagswahlen? Und was lässt sich dagegen tun? Diese Fragen stellte sich gestern der nordrhein-westfälische CDU-Partei- und Fraktionschef und beantwortete sie dann auch gleich vor einer Journalistenrunde in Düsseldorf. Mit nachdenklichen Äußerungen einerseits und damit in Zusammenhang gestellten Attacken gegen die rot-grüne Landesregierung andererseits. Denn bei eben dieser verortet Laschet populistisches Handeln. Der CDU-Spitzenmann bezweifelt selbst, ob man Menschen, die populistischen Verführungen zugänglich sind, überhaupt mit Argumenten erfolgreich begegnen könne. Sachargumente könnten jedenfalls nicht bei allen helfen.
Wie die Menschen hinters Licht geführt werden können, zeige doch der Fall des gewählten US-Präsidenten Donald Trump. Der habe suggeriert, er sei „unten“, er sei beim Volk. Und die etablierten Politiker seien abgehoben. Gerade dieser Mann, „der auf der 120. Etage des Trump-Tower von vergoldeten Versailles-Möbeln auf Manhattan herabguckt, der soll nun der sein, der das Volk versteht?“ Trump verkünde den Leuten, „ich senke für die Reichen die Steuern und das bisschen Krankenversicherung, das Obama gemacht hat, schaffe ich wieder ab.“ Trotzdem sei er der Mann der kleinen Leute. Laschet: „Mit rationalen Argumenten ist das schwer zu packen.“
In Deutschland, und auch da sieht er einen Nährboden für Populismus, vermittle die große Koalition auf Bundesebene leicht den Eindruck, alle seien sich einig, in NRW dagegen gebe es Woche für Woche Streit über alle möglichen Themen. Aber gerade das will er positiv verstanden wissen, zeige es doch gerade, „dass es eben nicht das große Meinungskartell gibt“. Streit sei ein Wesenselement der Demokratie und je mehr in Wahlkampf in der Sache gestritten werde und auch Gegenmodelle aufgezeigt werden, desto mehr könne man auch Populisten entlarven.
Eben deshalb brauche man viel Zeit für Argumentation. Und eine Politik, die klar spreche. Und da ist er dann bei der Landesregierung: „Deren Schönreden ist gerade nicht diese klare Sprache.“ Laschet gibt ein paar Beispiele:
Stichwort No-Go-Areas: „Wenn es ein Gebiet gibt, wo die Polizei nur mit einer Hundertschaft hineinfährt, und die Polizeigewerkschaft sagt, wir nennen das No-Go-Area, dann darf man nicht sagen, das sei eine Region mit besonderem Erneuerungsbedarf.“ Man müsse es nennen, wie es ist und sagen: Ich will das ändern. So erreiche man die Menschen. Der für die Polizei zuständigen Innenminister Ralf Jäger (SPD) sei ohnehin ein „Populistenförderprogramm“. Immer werde erst schöngeredet, und wenn etwas passiere, werde mit martialischen Sprüchen reagiert, die aber bei den Menschen nicht ankommen.
Stichwort Untersuchungsausschuss zu den Kölner Gewaltexzessen an Silvester: Hier gehe es um eine lückenlose Aufklärung. Die Regierung verweigere aber nach wie vor wichtige Daten zu Kontakten der Staatskanzlei, die etwas über deren Informationsstand in der Zeit unmittelbar nach dem Geschehen aussagen könnten. Hier entstehe der Eindruck, es werde etwas verdeckt. Eben das führe zu dem, was Populisten der Politik vorwerfen: Ihr wollt verdecken, ihr wollt mauscheln. Darum werde man vor dem Verfassungsgerichtshof auf Offenlegung der Daten klagen. Stichwort Hygieneampel: Das Vorhaben von Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) werde die NRW-Kommunen 40 bis 60 Millionen Euro kosten. Eine Misstrauenskultur werde geschaffen, „und die Leute fragen sich: Ist denn die Politik verrückt geworden?“
Laschet zu Angela Merkel: Zu der Frage, ob sich CDU-Landeschef Armin Laschet eine erneute Kanzlerkandidatur von Angela Merkel (CDU) wünscht, sagt er: Gerade in der jetzigen Phase internationaler Instabilität — wo niemand weiß, was wird mit dem dem neuen amerikanischen Präsidenten und wie gehen die Wahlen in Frankreich aus, angesichts populistischer Bewegungen überall in Europa, angesichts des Brexit — glaube ich, täte es gut, wenn Deutschland ein Hort der Stabilität würde. Sowohl für die Europäische Union, die sich neu orientieren muss in den nächsten Jahren, als auch für das transatlantische Verhältnis. Eine erfahrene Regierungschefin zu haben, täte Deutschland sicher gut. Und auch Nordrhein-Westfalen.
Laschet zu Martin Schulz: Zu der Frage, ob sein „Landsmann“, der SPD-Europapolitiker Martin Schulz (Laschet ist Aachener, Schulz stammt aus dem benachbarten Würselen) Außenminister oder SPD-Kanzlerkandidat oder beides sein sollte, sagt Laschet: Als Aachener fände ich es erst einmal gut, wenn zum ersten Mal seit 70 Jahren ein NRW-Ministerpräsident aus Aachen käme. Das würde der ganzen Region guttun. Wo der zweite Mann aus der Region seinen Schwerpunkt setzt, muss er selbst entscheiden. Ich schätze ihn persönlich. .