NRW-Ministerpräsident Laschets erste Neujahrsansprache im Wortlaut
In seiner Neujahrsansprache ist Ministerpräsident Armin Laschet unter anderem auf die nahende Schließung der letzten beiden Steinkohlezechen in NRW eingegangen. Hier gibt es die komplette Rede zum Nachlesen.
Düsseldorf. In seiner Neujahrsansprache ist Ministerpräsident Armin Laschet unter anderem auf die nahende Schließung der letzten beiden Steinkohlezechen in NRW eingegangen. Hier gibt es die komplette Rede im Wortlaut:
„Ein gutes, ein glückseliges neues Jahr, das wünsche ich Ihnen und allen Menschen, die bei uns in Nordrhein-Westfalen leben. Auch das neue Jahr wird Wandel bringen. Wandel, den wir heute, am ersten Tag des Jahres, noch gar nicht absehen können, ebenso wie Wandel, der schon erkennbar ist. Bereits sicher ist, dass bei uns 2018 in Nordrhein-Westfalen die letzten beiden Steinkohlezechen schließen, in Ibbenbüren und auf Prosper-Haniel in Bottrop. Damit geht eine 200-jährige industrielle Ära endgültig zu Ende. Die Kohle hat vielen Familien Lohn und Brot und Ansehen gegeben.
Fast 500.000 Bergleute gab es noch 1956 in unserem Land. Einer von ihnen war mein Vater, der später Lehrer wurde. Von ihm habe ich gelernt, dass unter Tage ein besonderer Zusammenhalt gilt. Die Frage: ‚Woher kommst Du?‘ oder ‚Welche Religion hast Du?‘ war nicht wichtig. ‚Kann ich mich auf Dich verlassen?‘ — das war wichtig, überlebenswichtig. Diese Tugenden der Bergleute, die müssen wir uns bewahren, auch wenn die letzte Schicht gefahren ist. Sich aufeinander verlassen können, Menschen nicht nach Herkunft oder Religion beurteilen — das ist Teil unserer Identität in Nordrhein-Westfalen. Ehrenamtliches, soziales, kulturelles, sportliches Engagement — das wird oft erwähnt, wenn es um Zusammenhalt geht. Zu Recht. Deshalb habe ich in die neue Landesregierung erstmals in unserer Landesgeschichte eine Staatssekretärin berufen, deren Kernaufgabe es ist, das Ehrenamt zu stärken.
Aber für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft sind auch Arbeitsplätze wichtig, alte und neue. Arbeit schafft die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben. Aber für Arbeitsplätze muss man kämpfen im Zeitalter der Digitalisierung und der Globalisierung. Wir in Nordrhein-Westfalen wollen im weltweiten Wettbewerb bestehen. Mit starken Gewerkschaften und verantwortungsvollen Arbeitgebern.
Die Politik setzt Rahmenbedingungen und muss Gegensätze versöhnen. Bei Demonstrationen vor dem Landtag engagieren sich Menschen für immer strengere CO2-Grenzwerte und für den Klimaschutz. Und Bergleute aus dem Rheinischen Braunkohlerevier oder Stahlarbeiter kämpfen für ihre Arbeitsplätze. Der Einsatz für ihre Arbeitsplätze ist ebenso richtig und gut wie der für Klimaziele. Stahl- und Aluminium-Produzenten, die chemische Industrie, die Glas- und Papierindustrie, der Maschinenbau — sie alle brauchen gute Fachkräfte und bezahlbaren, jederzeit verfügbaren Strom, viel Strom. Wind und Sonne können das noch nicht vollständig leisten.
Deshalb brauchen wir für eine Übergangszeit Braunkohle und Gas ebenso wie immer mehr erneuerbare Energien mit neuen Leitungen und besseren Speichertechnologien. Wir wollen den Einstieg in die Elektromobilität, ohne aus dem Verbrennungsmotor leichtfertig und überstürzt auszusteigen. Maß und Mitte — das ist ein wichtiges Prinzip der Sozialen Marktwirtschaft. Ein am technisch Möglichen orientierter Realismus, das war auch eine Tugend der Bergleute. Dafür gilt es auch jetzt bei der Bildung einer neuen Bundesregierung zu kämpfen, damit Nordrhein-Westfalen Industrieland auch in Zukunft bleiben kann.
Zusammenhalt, das heißt auch, dass jeder, der sich engagiert, den sozialen Aufstieg durch Bildung unabhängig von der Herkunft der Eltern schaffen kann. Deshalb investieren wir mehr Geld in frühkindliche und schulische Bildung als je zuvor. Damit wir die rasanten Veränderungen der Welt um uns für unser Land und seine Menschen als Wandel zum Guten gestalten können, brauchen wir Ideen für neue Arbeit, Bildung, Innovation. Wandel braucht aber auch soziale Sicherheit und Heimat. Unsere Heimat Nordrhein-Westfalen, mit seiner Geschichte, seiner Identität und seinen Menschen, bringt alles mit, damit wir den Wandel mit Zuversicht gestalten können — jeder an seinem Ort, Tag für Tag. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und uns allen ein gutes Jahr 2018. Gottes Segen und Glück-Auf für unser Land.“ red