Integrationsarbeit in Zeiten der neuen Rechten Mühsame Arbeit gegen den Hass

Der Paritätische Wohlfahrtsverband will der gesellschaftlichen Verrohung entgegentreten.

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Meerbusch. Rund 3100 Vereine und gemeinnützige GmbHs sind in NRW unter dem Dach des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes zusammengeschlossen — vom Arbeiter-Samariter-Bund über das Jugendherbergswerk und die Aidshilfe bis zur kleinen Elterninitiative. „Wir als Verband wollen in einer offenen und vielfältigen Gesellschaft leben“, sagt Landesgeschäftsführer Hermann Zaum. Der Grund, warum sich der jährliche „Anstoß“ diesmal keinem Fachthema, sondern den „bürgerlichen Brandstiftern“ widmet.

Die einstige Düsseldorfer Industriehalle an der Ortsgrenze zu Meerbusch ist gut gefüllt. An den Tischen tummeln sich Vertreter aus den Kreisgruppen und Mitgliedsorganisationen sowie der Politik. Die Landesvorsitzende Elke Schmidt-Sawatzki klagt, die neue Rechte sei „in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Damit sind Stammtischparolen und Pöbeln salonfähig geworden.“

Kronzeuge des Empfangs ist der Verleger und Publizist Jakob Augstein. Seine These: die rechte Revolution habe begonnen. „Man muss die AfD nicht nur ernst nehmen, sondern fürchten.“ Bei der Klage über die Verrohung der Gesellschaft und den Hass werde zu wenig nach den Ursachen gefragt.

Augstein sieht als gesellschaftliche Basis zum einen das „Dienstleistungsproletariat“, das vielen anderen das Leben leichter mache, selbst aber von der Globalisierung nicht profitiere. „Für diese Menschen sind die Flüchtlinge keine ausgedachte Bedrohung, sondern eine reale.“ Daneben gebe es die „Verbitterten“, die trotz Bildung und Leistungsbereitschaft den erwünschten Wohlstand nicht erreicht hätten. Zusammen ergäben sie eine „Koalition der Angst“.

Was kann der Wohlfahrtsverband tun, um dem entgegenzutreten? Beispiele aus den Mitgliedsorganisationen sollen dafür herhalten. Wie das Begegnungs- und Fortbildungszentrum muslimischer Frauen in Köln, vor 20 Jahren gegründet und mittlerweile ein professioneller Anbieter von Sozial- und Bildungsarbeit, darunter auch täglich 25 Integrationskurse.

Dass in den islamischen Moscheevereinen dagegen die Wohlfahrtspflege oft den heutigen Standards nicht genügt und an die Grenzen der Ehrenamtlichkeit stößt, hat inzwischen auch der Paritätische erkannt. In einem Projekt sollen 17 Moscheegemeinden und zwei alevitische Vereine für soziale Arbeit im Kinder- und Jugendbereich qualifiziert werden. „Dafür genügt es nicht, einmal im Jahr am Tag der Moschee die Türen zu öffnen“, sagt Projektleiter Wilfried Theißen.

Unten im Publikum sitzt Ulrich Sandner von der Schuldner- und Insolvenzberatung des Düsseldorfer Vereins SWT. Ausländerarbeit hat er schon in den 1970er Jahren in der Ausländergruppe Bilk gemacht. Und dass viele Mitgliedsorganisationen des Paritätischen in der Flüchtlingsarbeit engagiert sind, macht ihn stolz: „Da hat etwas funktioniert ohne Befehl von oben.“ Doch die anfängliche Euphorie habe er nie geteilt: „Die Integration wird ein hartes Stück Arbeit.“