NRW-FDP stärkt ihre Spitze und setzt auf Digitalisierung
Die NRW-FDP versteht sich in der Koalition mit der CDU als „Reform-Motor“. Ein Parteitag untermauert ihren Anspruch: NRW digitalisieren, familienfreundlicher und sicherer machen. Für Lindner der Beweis, dass die FDP regieren will und kann.
Siegen. Mit gestärkter Führungsspitze und einem Grundsatzpapier zur Modernisierung Nordrhein-Westfalens untermauert die NRW-FDP ihren Anspruch als „Reform-Motor“ der CDU/FDP-Koalition. Bei einem Landesparteitag in Siegen bestätigte sie am Samstag ihren Vorsitzenden Joachim Stamp mit rund 95 Prozent der Stimmen im Amt. Im vergangenen November war er bei einem außerordentlichen Parteitag mit knapp 93 Prozent zum Nachfolger von Christian Lindner gewählt worden. Lindner wollte nach seinem Wechsel in den Bundestag nicht gleichzeitig Landes- und Bundesparteichef bleiben.
Stamp, der auch Vizeregierungschef und Minister für Familie, Flüchtlinge und Integration in NRW ist, erhielt nun bei den turnusmäßigen Vorstandswahlen 366 von 387 gültigen Stimmen. 13 votierten mit Nein, acht enthielten sich. Gegenkandidaten gab es nicht. Ziel der FDP sei vor allem, Bildung und Digitalisierung in NRW voranzubringen, sagte der 47-Jährige. Mit großer Mehrheit beschloss der Parteitag dazu einen Leitantrag des Landesvorstands. Er sieht unter anderem vor, in sozialen Brennpunkten exzellent ausgestattete „Talentschulen“ zu gründen.
„Man muss nicht hinnehmen, dass Stadtteile kippen“, sagte Stamp. „Dazu braucht man aber nicht nur die Polizei, sondern auch Bildung.“ Der Familienminister kündigte darüber hinaus an, noch vor der Sommerpause erste Daten zu einem neuen Kinderbildungsgesetz vorzulegen. Es solle mehr Qualität, bessere Sprachförderung und flexiblere Öffnungszeiten in die Kitas bringen und zum Kindergartenjahr 2020/21 wirksam werden. Zwischen 2019 und 2020 werde ein Überbrückungsjahr gestaltet.
Der Parteitag zog außerdem eine erste Zwischenbilanz der Koalition mit der CDU, die NRW seit gut neun Monaten regiert. „Wir haben geliefert“, bilanzierte Stamp. „Wir haben die Hygiene-Ampel abgeschafft, die Ladenöffnungszeiten liberalisiert, die vollelektronische Gewerbeanmeldung ermöglicht und das Tariftreuegesetz entrümpelt.“ Bei der Digitalisierung marschiere die FDP voran - auch wenn die NRW-CDU bei diesem Thema auch „erstes Kribbeln“ verspüre und dazu im Juni einen Parteitag abhalten wolle. „Der Reform-Motor für dieses Thema sind wir“, unterstrich Stamp. Großen Zuspruch zur Regierungsarbeit gab es in der Aussprache auch von der Basis. Zudem unternehme die Landesregierung „alles, was geht“, um kriminelle Ausländer und abgelehnte Asylbewerber abzuschieben, versicherte Stamp.
„Nordrhein-Westfalen schiebt überproportional viele Bewerber ab“, berichtete der Flüchtlingsminister. „Wir konzentrieren uns darauf, dass wir vor allem die loswerden, die unsere Gesellschaft maximal belasten.“ Dafür würden im Gegensatz zur rot-grünen Vorgängerregierung „alle ausländerrechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft“. Gleichzeitig kündigte er eine Bundesratsinitiative für ein Einwanderungsgesetz an, das hoch qualifizierte Fachkräfte „nach Deutschland einladen“ soll.
Bundesparteichef Christian Lindner bescheinigte dem mit rund 17 400 Mitgliedern größten FDP-Landesverband: „Ihr seid der Beleg, dass wir regieren wollen und dass wir es auch können.“ Die FDP habe ihr Potenzial aber längst nicht ausgeschöpft - auch, wenn sie nach der Absage an ein Jamaika-Bündnis im Bund viel Kritik einstecken müsse. „Seid bitte nicht nervös oder irritiert“, bat er die Delegierten. Nun müsse die FDP daran arbeiten, die Vielfalt der Gesellschaft in ihren eigenen Reihen zu repräsentieren, betonte Lindner. „Zu uns kommen überwiegend jüngere Männer, kernige Typen - andere als früher - also weniger Gelfrisur, mehr Mechatroniker.“ Die FDP brauche aber viel mehr weibliche Mitglieder und Führungskräfte.
Finanziell schloss die NRW-FDP nach den Landtags- und Bundestagswahlen 2017 mit 80 000 Euro Minus ab, wie Schatzmeister Otto Fricke berichtete. Mit 3,7 Millionen habe sie aber „ein Rekordjahr bei den Spenden“ verbucht. Die FDP musste in den vergangenen Jahren infolge eines Spenden-Skandals ihres früheren Vorsitzenden Jürgen Möllemann über drei Millionen Euro an den Bundestag erstatten.