NRW: Kraft erhöht den Druck
Die SPD-Chefin droht der CDU mit Neuwahlen und verlangt einen Politikwechsel. Linkspartei spricht von Betrug.
Düsseldorf. Neuwahlen rücken in Nordrhein-Westfalen wieder ein Stück näher. Damit drohte am Pfingstwochenende indirekt die SPD-Landesvorsitzende Hannelore Kraft: "An Neuwahlen denke ich jetzt nicht.
Aber das hängt davon ab, mit welcher Ernsthaftigkeit die CDU die Gespräche führt", sagte sie der "Bild am Sonntag". Gleichzeitig sendete sie Signale an die FDP, doch noch einmal über eine Ampel - also ein Bündnis aus SPD, FDP und Grünen - nachzudenken.
Voraussichtlich am Donnerstag werden sich CDU und SPD zu einem ersten Gespräch treffen. Ob eine Große Koalition zustande kommt, ist aber ungewiss - die Positionen etwa in der Bildungspolitik liegen weit auseinander, und die CDU besteht darauf, dass ihr Landesvorsitzender Jürgen Rüttgers NRW-Ministerpräsident bleibt.
Die FDP hatte nach tagelangem, öffentlichen Streit eine Ampel-Koalition abgelehnt. Der Bundestags-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier (SPD) appellierte an die Liberalen, sich die Sache noch einmal zu überlegen. Gespräche von vornherein abzulehnen sei "in der demokratischen Tradition dieses Landes ungewöhnlich", sagte er am Samstag.
Auch Kraft lockte die NRW-Liberalen: "Ich weiß nicht, ob sich die FDP noch mal rührt, ich bin da sehr gespannt." Der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir sagte der "Welt am Sonntag", er glaube nicht, "dass da ein Anruf kommt".
Der SPD-Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel schloss eine Koalition mit der CDU unter dem bisherigen Ministerpräsidenten Rüttgers nicht aus. Er halte nichts davon, dem potenziellen Partner "vorher über den Rundfunk mitzuteilen, was er denn bitte mal machen soll, damit wir überhaupt reden - das ist Quatsch".
Kraft erneuerte jedoch ihren Anspruch auf das Spitzenamt: "Daran hat sich auch nichts geändert." Zu den anstehenden Sondierungsgesprächen mit der CDU sagte sie: "Die Gespräche werden von unserer Seite mit aller Ernsthaftigkeit geführt. Aber es ist völlig offen, ob wir uns am Ende auf die Bildung einer gemeinsamen Regierung verständigen werden."
Kraft sieht hohe Hürden für Schwarz-Rot: "Entscheidend wird sein, ob die CDU bereit ist, eine andere Politik als bisher zu machen. Wenn sie nicht begreifen, dass ihre Politik abgewählt worden ist, wird das schwierig." Ihr Verhältnis zu Rüttgers beschrieb sie als "neutral".
Die NRW-Linke warf SPD und Grünen nach den schnell gescheiterten Sondierungen zu Rot-Rot-Grün "Wahlbetrug an der Bevölkerung" vor. Kraft habe nur "Scheingespräche" geführt. Der Bundesvorsitzende der Linken, Klaus Ernst, bezeichnete Kraft in einer Mitteilung als "schlechte Verliererin". "Sie leitet aus dem schlechtesten SPD-Ergebnis seit 50 Jahren den unbedingten Anspruch ab, Ministerpräsidentin zu werden", kritisierte er in Berlin.