Parteienforscher Ulrich von Alemann: „Norbert Röttgen ist nie in NRW angekommen“
Ulrich von Alemann zum Ausgang der Wahl.
Herr Professor von Alemann, überrascht Sie das Wahlergebnis?
Von Alemann: Dass die CDU so viel verloren hat, FDP und SPD einen derartigen Zugewinn verzeichnen, haben wohl nur wenige Beobachter in dieser Höhe erwartet.
Wie erklären Sie sich das Votum der Bürger?
Von Alemann: Die Wähler in NRW wollten klare Verhältnisse und keine Minderheitsregierung. Es gab keine Wechselstimmung im Land. Das war eine Regierungsbestätigungswahl.
Warum hat die CDU so dramatisch in der Wählergunst verloren?
Von Alemann: Spitzenkandidat Norbert Röttgen ist nie in NRW angekommen — er selbst nicht und auch nicht bei den Wählern. Er ist vom Typ her der kühle, rationale Denker. Damit hatte er keine Chance gegen die warmherzig auftretende Hannelore Kraft.
Die Liberalen dürfen nach Schleswig-Holstein nun den zweiten Erfolg hintereinander bei einer Landtagswahl feiern. Ist das endgültig die Wiederauferstehung der FDP?
Von Alemann: Mehr als acht Prozent sind schon ein deutlicher Erfolg. Die FDP-Spitzenpolitiker in Berlin werden das NRW-Ergebnis jetzt als ihren Erfolg feiern. Für Parteichef Philipp Rösler bedeutet das erst einmal eine Atempause. Und Christian Lindner, der erst vor wenigen Wochen zum NRW-Landeschef gewählt worden ist, wird sich hüten, jetzt auf den Sturz Röslers hinzuarbeiten.
Worauf führen Sie den FDP-Erfolg zurück?
Von Alemann: Es ist vor allem die Niederlage Röttgens. Das ist eine Wechselwirkung. Für Lindner ist es natürlich auch ein persönlicher Erfolg. Sein gedämpfter Anti-Kurs gegen Berlin hat gewirkt.
Ist die Wahl in NRW auch ein Fingerzeig für den Bund?
Von Alemann: Das Ergebnis lässt sich nicht eins zu eins übertragen. Die Kanzlerin hat eine starke Stellung. Und die Werte der Bundes-CDU sind andere als in NRW, genauso wie die Bundes-FDP schlechter abschneidet als hierzulande. Die SPD wäre töricht, wenn sie ihren Sieg in Düsseldorf auf den Bund hochrechnen würde.