SPD-Parteitag Rot pur - Hartmann rückt die SPD in NRW nach links

Bochum · Der Landesvorsitzende spricht auf dem Parteitag in Bochum über die neuen Schwerpunkte der NRW SPD. Er will einen „starken und solidarischen Staat” - und SPD-Erfolge bei der Kommunalwahl 2020.

Sebastian Hartmann, NRW-Landesvorsitzender der SPD, spricht beim Landesparteitag der nordrhein-westfälischen SPD in Bochum.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Auf dem Landesparteitag der NRW SPD in der Bochumer Kongresshalle hat SPD-Landeschef Sebastian Hartmann einen neuen Gesellschaftsvertrag, einen „New Deal“ für die Mitte der Gesellschaft angekündigt. Die SPD wird auf dem Parteitag im Laufe dieses Samstags sechs Leitanträge des Parteivorstands verabschieden, die die Themen „Zukunft der Arbeit“, „Soziale Sicherheit“, „Aufstiegschancen“ und „Solidarisch Gesellschaft“ ansprechen und unter dem Motto „Rot pur“ firmieren, das die NRW SPD tendenziell weiter nach links verschiebt.

„Unsere Demokratie und unsere freie Gesellschaft müssen vor dem freien Markt geschützt werden“, sagte Hartmann in seiner rund 40-minütigen Rede. „Wer wohnen bezahlbarer machen will, muss Grund und Boden der Spekulantenhand entreißen. Wer Bildung für alle will, braucht Milliarden für Investitionen, auch in mehr Lehrer“, so Hartmann weiter. Ein Schulministerium werde man „nie mehr wieder sieben Jahr lang einem grünen Koalitionspartner überlassen”.

Finanzieren will die SPD das, indem größte Vermögen und Erbschaften herangezogen werden und laut Hartmann „endlich auch die großen Digitalkonzerne und Steuerbetrüger“ belastet werden sollen. Das müsse jetzt beschlossen werden.

Die SPD sei die Partei der Arbeit mit Solidarität, „Sicherheit ist die Sehnsucht unserer Zeit”, so Hartmann, der daraus schloss: „Wir müssen die Idee des starken Staates neu beleben, mit Ordnung und Regeln, die für alle gelten.“ Im Leitantrag fordert die NRW-SPD eine Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung, einen Mindestlohn von mindestens zwölf Euro und die Abschaffung von Hartz IV zugunsten einer sanktionsfreien Grundsicherung in Höhe von mindestens 570 Euro. Zu den Vorschlägen gehört auch die Einführung einer Kindergrundsicherung. Damit sollen alle Familienleistungen vom Kindergeld bis zum Steuerfreibetrag zusammengeführt werden. Außerdem verlangt die NRW-SPD eine grundlegende Reform der privaten Altersvorsorge und den Abschied von der Riester-Rente verbunden mit stärkeren Betriebsrenten.

Als Abrechnung mit der Agenda-Politik der SPD will Hartmann die Vorschläge nicht verstehen. „Wir wollen keine Schlacht der Vergangenheit schlagen, sondern der Zukunft - und die findet außerhalb der Partei statt“, hatte er gesagt. Als stärkster Landesverband sehe sich die NRW-SPD aber „als Ideen- und Taktgeber für die Bundes-SPD“.

Hartmann versprach, verloren gegangenes Vertrauen zurückerobern zu wollen. „Es ist ein langer Weg, wir haben Vertrauen verloren. Wir sind hier, um unsere Positionen zu klären. Wir werden es hinbekommen. Und wir haben noch verdammt viel vor“, sagte der Landesvorsitzende, der die NRW-Landesregierung in Bochum frontal angriff. Sie sei nach zwei Jahren „politisch und moralisch bankrott“, Armin Laschet werde seiner Verantwortung als Landesvater in „keiner Weise gerecht“. Die Regierung spalte das Land, spiele „boomende Regionen gegen jene ohne Chancen und Industrie gegen Umwelt“ aus. Zudem stehe die SPD für Daseinsvorsorge, NRW- Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hingegen wolle „uns die Krankenhäuser wegsparen“. Und auch bei den Themen „Ruhrkonferenz und Hambach“ versage die Regierung. „Thomas Kutschaty und ich versprechen: Wir werden diese Regierung stellen, wo immer es geht. Das ist ihr Anfang vom Ende“, sagte Hartmann, der einen Schuldenschnitt für überschuldete NRW-Kommunen forderte. „Die 50 Milliarden, die die Kommunen belasten, müssen durch Länder und Bund übernommen werden, wir wollen eine Stunde Null.“

Ziel der NRW SPD, die noch 105 000 Mitglieder vereine (2015 noch 114 000) sei die Kommunalwahl im kommenden Jahr, dann wolle man die Rathäuser verteidigen und neue hinzugewinnen. Die Regierung spiele auf diesem Feld unfair, habe Wahlkreise neu zugeschnitten und die Stichwahl abgeschafft. Er sei froh darüber, dass die SPD dagegen Klage eingereicht habe. Zudem lobte Hartmann die drei NRW-Kandidaten für den SPD-Bundesvorsitz zusammen mit dem Versprechen, als NRW-SPD auch hinter jenem Vorsitzenden-Duo stehen zu wollen, „das nicht unser erster Favorit sein sollte, wir werden solidarisch sein”. Die Landespartei hatte Das Duo Norbert Walter-Borjans uns Saskia Esken nominiert, das zeitgleich auf der Regionalkonferenz in Neumünster für sich warb. Zudem stammen Christina Kampmann und Karl Lauterbach aus NRW.

Der Bundestagsabgeordnete Hartmann, der im Oktober voraussichtlich erste Mal Vater wird, im Juni 2018 - ein Jahr nach der Niederlage der SPD bei der Landtagswahl - zum neuen Landesvorsitzenden gewählt worden. Bei der Europawahl dieses Jahr stürzte die SPD in NRW auf 19,2 Prozent ab und landete hinter den Grünen. Beim Landesparteitag im kommenden Jahr steht die Vorsitzendenwahl der SPD erneut an, dann wird von vielen erwartet, dass der SPD-Fraktionschef aus dem Landtag, Thomas Kutschaty, auch ins Rennen geht - dann wohl gegen Sebastian Hartmann.