NRW Prüfer beklagen unnütze Ausgaben

Der Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen stellte seinen Jahresbericht vor: Zweifelhafte Ausgaben gebe es etwa bei der Polizei und im Schulbereich.

Im Schulbereich kritisiert der LRH, dass mehr als jede dritte abgerechnete Schulstunde laut einer Stichprobe nicht hätte bezahlt werden dürfen.

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Düsseldorf. „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ Dieses Motto lässt der Landesrechnungshof (LRH) Nordrhein-Westfalen in seinem Resümee des Jahresberichts 2017 walten. Denn geht es nach den Finanzprüfern, hatte NRW selten so vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, um seinen Landeshaushalt zu konsolidieren, nachhaltige Investitionen zu tätigen und Schulden abzubauen. Dies machte die Präsidentin der Landesbehörde, Brigitte Mandt, am Dienstag bei einem Pressegespräch deutlich. Die Steuereinnahmen in NRW sprudeln — 2016 lagen sie gar bei einem Rekordwert von 53, 7 Milliarden Euro. Dies entspricht einer Steigerung von 7,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr 2015.

Zudem seien die Regionalen Trainingszentren der Polizei (im Bild: ein Einsatztraining des RTZ in Dortmund) nicht ausreichend ausgelastet.

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Trotz der steuerlich günstigen Lage in NRW bringt der Landesrechnungshof für den Berichtszeitraum 2016 manch haarsträubendes Beispiel für die Verschwendung von Steuergeldern ans Tageslicht. So etwa bei der Berufsgruppe der Lehrer: Dem Bericht zufolge hätten stichprobenartige Untersuchungen ergeben, dass über ein Drittel der abgerechneten Mehrarbeitsstunden nicht hätten vergütet werden dürfen. Mit kostspieligen Folgen: Von 25,8 Millionen Euro für angerechnete Mehrarbeitsstunden von Lehrern hätten 9,3 Millionen Euro aus Sicht der Prüfer im untersuchten Schuljahr 2012/2013 gar nicht ausgezahlt werden dürfen.

Wie ist das möglich? Als Hauptgrund führen die Rechnungsprüfer einen Erlass zur Mehrarbeit aus dem Jahr 1979 an. So gebe es bei der Abrechnung von Überstunden „strukturelle Fehler“, so dass Überstunden nicht immer mit Ausfallstunden verrechnet, sondern ausbezahlt wurden. Der Begriff der Mehrarbeit bezeichnet derweil jene Arbeitszeit, die über das tariflich vereinbarte Stundenkontingent hinausgeht. Dies gilt bei Lehrern — ob verbeamtet oder nicht — im Übrigen auch für die Ferien. Hier sieht Mandt dringenden Handlungsbedarf: „Der Erlass müsste dringend überarbeitet werden.“

Auch bei der Polizei sieht der LRH Einsparpotenzial: So kritisieren die Rechnungsprüfer eine mangelnde Auslastung der beiden sogenannten „Regionalen Trainingszentren“ Dortmund und Ostwestfalen-Lippe in Schloß Holte-Stukenbrock. Langfristig hatte das Innenministerium zwölf dieser Trainingszentren geplant. Doch wurden zum einen in beiden Einrichtungen bei Weitem nicht so viele Übungsstunden abgeleistet, wie das Innenministerium es in einem Erlass aus dem Jahr 2012 veranschlagt hatte. Zum anderen waren die Einrichtungen nicht ausreichend belegt.

Teuer zu Buche schlug nach Berechnungen des LRH auch der Umzug des NRW-Innenministeriums im Jahr 2015, das nunmehr seinen Sitz in den großzügigen Räumlichkeiten der West-LB-Bank hat. Deutlich zu großzügig, wenn es nach den Finanzexperten geht, zumal das Haus mit einer Fläche von rund 52 000 Quadratmetern fast doppelt so groß ist wie das ursprüngliche Gebäude und viele sogenannte „Verkehrsflächen“ aufweist, die nicht wirtschaftlich genutzt werden können. Ein Neubau wäre laut Bericht die kostengünstigere Alternative gewesen. Kaum nachvollziehbar ist für die Vertreter des LRH auch die Tatsache, dass der ohnehin skandalgebeutelte Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) NRW (im Februar wurde dessen ehemaliger Chef Ferdinand Tiggemann wegen Korruption zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt) noch immer nicht über ein wirksames Baukosten-Controlling verfügt. Dabei solle auch auch auf Kostenunterschreitungen geachtet werden, um bei künftigen Bauprojekten Einsparungen zu erzielen, mahnte Mandt.

Ein geradezu lyrischer Begriff bezeichnet ein Phänomen des Steuerrechts, das nach Einschätzung der Finanzprüfer des LRH deutlich häufiger greift, als die Finanzämter es nutzen: Als „Liebhaberei“ wird eine nebenberufliche Tätigkeit treffenderweise dann eingestuft, wenn sie eher aus „Spaß an der Freud’“ statt zur Gewinnerzielung ausgeübt wird. Die Finanzämter ließen vielen Steuerzahlern verlustträchtige Aktivitäten oft jahrelang steuermindernd durchgehen. Verlustreiche nebenberufliche Geschäfte, die nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet seien, müssten rascher als „Liebhaberei“ eingestuft werden.

Die Stellenzahl des Landes sei um über 3500 gestiegen. Dies verursache Mehrkosten, die durch eine schlankere, digitale Verwaltung wettgemacht werden sollten. Die erfolgreiche Tilgung von 200 Millionen Euro durch die Vorgängerregierung sei bei 143,7 Milliarden Euro Schulden allerdings ein „Tropfen auf den heißen Stein“, so Mandt.