Schicksalstag für Rot-Grün in NRW

Vor dem Verfassungsgericht fällt am Dienstag das Urteil zum Nachtragsetat 2010. Es droht eine Neuwahl.

Düsseldorf. Wenn heute um 10.30 Uhr Gerichtspräsident Michael Bertrams den Saal 1 des Landesverfassungsgerichts in Münster betritt, hält die Landespolitik für einen Augenblick den Atem an.

Bertrams wird das Urteil im Klageverfahren verkünden, das CDU und FDP gegen die rot-grüne Landesregierung angestrengt haben. Nach der mündlichen Verhandlung erwarten die Kläger einen Sieg, auch Beobachter deuteten die Verhandlung so. Die Frage ist, wie deutlich er ausfällt.

CDU und FDP klagen gegen den Nachtragsetat, der im Dezember verabschiedet worden ist, weil die Regierung nach ihrer Meinung die Neuverschuldung für 2010 völlig unnötig auf 8,1 Milliarden Euro getrieben hat. Die Begründung von Landesfinanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD), das Land gehe diesen Weg, weil das wirtschaftliche Gleichgewicht gestört sei, ist nach Ansicht der Opposition falsch. Denn die Konjunktur laufe gut, und die Steuerquellen sprudelten. Zudem seien die Rückstellungen und Sondervermögen, darunter 1,3 Milliarden Euro für die WestLB, verfassungswidrig mit Krediten finanziert.

Auch das Kanzleramt, das Bundesfinanzministerium und die Staatskanzleien anderer Länder schauen heute nach Münster. Wie weit werden Bertrams und die anderen sechs Mitglieder des Senats gehen? Werden sie etwa den Begriff der Störung des wirtschaftlichen Gleichgewichts juristisch festschreiben? Das hätte unabsehbare Folgen, denn auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und eine Reihe von Landesfinanzministern begründen so ihre hohen Neuverschuldungen, die ebenso wie in NRW über der Verfassungsgrenze liegen. Der Unterschied: Dort wird nicht geklagt.

Auch wenn die Richter so weit nicht gehen, erwarten CDU und FDP doch bindende Hinweise für kommende Etats, vor allem für den Haushalt 2011. Der wird gerade beraten, soll vor dem Sommer verabschiedet werden und sieht eine Neuverschuldung von 7,1 Milliarden Euro vor. Auch diese Summe liegt deutlich über der Verfassungsgrenze, die durch die Summe der Investitionen im Landesetat markiert wird. Und die liegt bei 3,77 Milliarden Euro.

Spätestens da wird das Urteil hochpolitisch. Die CDU will auch gegen den neuen Etat klagen, wenn das Urteil heute halbwegs den Erwartungen entspricht. Dann aber wird es Neuwahlen geben. Das haben SPD und CDU mehrfach versichert.