NRW-Landtag Schlagabtausch nach AfD-Vergleich

Das Klima im Landtag wird rauer: Der Chef der SPD-Fraktion rückt die CDU in die Nähe von Rechtspopulisten.

Düsseldorf. Die Empörung ist groß, einen kurzen Moment verschlägt es den CDU-Abgeordneten im NRW-Landtag die Sprache, dann giften sie zurück in Richtung Rednerpult. Sie protestieren, dann verlassen bis auf wenige von ihnen — darunter CDU-Landeschef Armin Laschet — den Plenarsaal: SPD-Fraktionschef Norbert Römer hatte in der Auseinandersetzung darüber, ob man sich der AfD in Talkshows zu stellen hat oder nicht, der CDU attestiert, längst selbst „mit dem rechtspopulistischen Virus der AfD infiziert“ zu sein.

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Römer verwies auf den CDU-Innenexperten Theo Kruse, der den Islam als „mit der freiheitlichen Grundordnung der Verfassung unvereinbar“ bezeichnet habe. Das sei „AfD-Ideologie pur“. Kruse, der am Donnerstag fehlte, hatte in seinen „Gedanken zum Jahreswechsel“ diesen Satz geschrieben: „Für die einwandernden oder einsickernden Flüchtlinge gilt nicht die im Rechtsstaat ansonsten prinzipielle Unschuldsvermutung.“ Am Donnerstag Nachmittag war der Satz auf der Internetseite des CDU-Politikers gelöscht. Römer, der Teile der AfD-Partei „gerne vom Verfassungsschutz beobachtet“ sähe, hält das Geschehen für ein „reinigendes Gewitter“.

In einer danach aufgeheizten Debatte verlangte CDU-Fraktionschef Armin Laschet eine Entschuldigung von Römer. Der parlamentarische Geschäftsführer Lutz Lienenkämper warf dem SPD-Fraktionschef vor, CDU-Politiker mit „rechten Hetzern“ auf eine Stufe gestellt zu haben. „Sie haben den Konsens aller Demokraten damit verlassen“, sagte Lienenkämper. Auch der FDP-Vorsitzende Christian Lindner kritisierte Römers Worte: „Wenn Sie CDU-Kollegen Rechtspopulismus vorwerfen, dann verharmlosen Sie die wahren Feinde unserer Gesellschaft.“

Zu einer Entschuldigung sah sich Römer nicht genötigt. Der CDU sei es darum gegangen, die Ministerpräsidentin „persönlich und politisch zu diskreditieren“. Es sei dann auch wichtig, erklärte Römer, „in die eigenen Reihen zu gucken“. Die SPD habe das im Konflikt mit ihren Essener Ortsvereinen gemacht, die eine geplante Demo unter dem Motto „Integration hat Grenzen, der Norden ist voll“ absagen mussten. Bei Laschet vermisse er eine inhaltliche Auseinandersetzung — etwa mit Kruse. Römer: „Die innere Verunsicherung kann Laschet nicht mehr überdecken.“ Am Morgen hatte er gesagt: „Die Union zerfällt vor unseren Augen.“

Dabei ging es um die Frage: Wie umgehen mit der AfD? Ignorieren, boykottieren, offensiv stellen? Jene Frage, die in Rheinland-Pfalz seit Tagen die Diskussion bestimmt, weil sich dort im Vorfeld der Landtagswahlen im März der Parteiengezänk multipliziert — sie ist längst in NRW angekommen. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hatte in einem Interview gesagt: „Ich gehe nicht in Fernsehsendungen mit Vertretern der AfD“. Eine persönliche Entscheidung sei das. Und eine Feststellung, die etwa auch schon der Berliner Unions-Fraktionschef Volker Kauder getroffen habe. Krafts Gründe: Talkshow-Runden kämen oft an ihre Grenzen, „Kurzstatements und Halbsätze in Ledersesseln“ ersetzten keine Politik. Und: „Wir arbeiten als Landesregierung hart, damit sich die Frage nach einer Beteiligung der AfD an Fernsehduellen gar nicht stellt.“

Kraft hat gemerkt, dass ihre Äußerung bei den Wählern nicht gut angekommen ist. Sie spielt jetzt auf Zeit: Nichts scheint für die Ewigkeit, es wird unterschieden zwischen Talkshows und Wahlsendungen. Bis zu den Wahlen 2017 sei es ja noch hin. Es wird eine eher armselige aktuelle Stunde, die die CDU beantragt hatte. Grünen-Politiker Mehrdad Mostofizadeh fragt: „Lösen Sie mit der heutigen Sitzung ein einziges Problem?“ Wie man mit der AfD reden solle, das stelle die Union in den Mittelpunkt. „Sie flüchten sich auf die Metaebene — die Ursachen des Rechtspopulismus sind Ihnen egal.“

Armin Laschet sieht das anders. Erst, wenn man sich der AfD nicht stelle, mache man die Partei groß. „Nicht abtauchen, sondern sich stellen und damit einen Dienst an unserem Land tun“, fordert der CDU-Fraktionsvorsitzende, der Talkshows als Gelegenheit erkennt, vor „Millionen von Zuschauern Argumente auszutauschen“. Römer kritisiert Laschets TV-Auftritte: „Sie laufen hinter Mikrofonen her wie Kaninchen hinter Möhren.“ Kraft wiederum erklärt ihr Vorgehen so: „Ich bekomme viele Anfragen für Auftritte in Talkshows. Zuerst denke ich darüber nach, ob ich zu dem Thema etwas zu sagen habe“, sagt sie und folgert: „Das ist nicht bei jedem so.“