Schule: Initiative gegen das Sitzenbleiben

Ministerin Sommer startet Projekt mit vier Lehrerverbänden.

Düsseldorf. NRW-Schulministerin Barbara Sommer (CDU) ist es passiert, genauso wie Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) oder Albert Einstein - sie alle gehören zur Koalition der Sitzenbleiber. Jahr für Jahr drehen bundesweit 250000 Schüler eine "Ehrenrunde". Erfolgreiche Pisa-Staaten haben das Sitzenbleiben hingegen längst abgeschafft.

Die schwarz-gelbe Landesregierung hatte bei ihrem Amtsantritt versprochen, die Zahl der Sitzenbleiber zu halbieren - doch messbare Erfolge lassen bislang auf sich warten. Nach 2,9Prozent im Jahr 2006 lag die Wiederholer-Quote 2007 bei 2,8Prozent. Damit mussten immer noch mehr als 62000 Schüler an den allgemeinbildenden Schulen im Land eine Klasse wiederholen.

"Das ist eindeutig zu viel", sagte Sommer gestern nicht zuletzt mit Blick auf ihre eigene Erfahrung. Sie unterzeichnete mit vier Lehrerverbänden eine Zielvereinbarung, nach der die Zahl der Sitzenbleiber reduziert werden soll.

Ab dem nächsten Schuljahr können sich bis zu 300 weiterführende Schulen an der "Initiative gegen das Sitzenbleiben" beteiligen. Drei Jahre lang sollen in den Jahrgangsstufen 7 bis 9 schuleigene Konzepte erprobt werden. Das Land gibt dazu 100zusätzliche Lehrerstellen. Ministerin Sommer rät zur zügigen Bewerbung.

"Nicht selten erweist sich das Sitzenbleiben als eine pädagogisch kaum weiterführende und dafür zu aufwändige Maßnahme", heißt es in der Vereinbarung. Unter Experten gilt die "Ehrenrunde" meist als sinnlose Strafmaßnahme. "Dadurch wird ein Schüler auch nicht schlauer", sagt Pisa-Forscher Manfred Prenzel. Wer sitzenbleibt, muss sich als Älterer unter neuen Mitschülern behaupten. Viele verlieren dann endgültig ihre Motivation zu lernen. Teuer ist die Rückstufung zudem: Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) beziffert die Kosten bundesweit auf 1,2Milliarden Euro pro Jahr.

GEW-Landesvorsitzender Andreas Meyer-Lauber sprach von einem "Paradigmenwechsel für eine konservative Landesregierung". Jetzt müssten auch die Lehrer von dem Projekt überzeugt werden. Unterzeichnet haben die Initiative neben der GEW der Verband Bildung und Erziehung, der Philologenverband sowie der Verein katholischer deutscher Lehrerinnen NRW.

Ablehnend zeigte sich der Realschullehrerverband. Umgerechnet 0,3 zusätzliche Lehrerstellen pro Modellschule seien zu wenig, um das Ziel erreichen zu können, sagte Landeschef Ulrich Brambach.