Nach sieben Jahren Rot-Grün Schwarz-Gelb will „Aufbruchstimmung“ in NRW nutzen

Düsseldorf (dpa) - Nur einen Monat nach der NRW-Wahl ist der Machtwechsel am Rhein fast perfekt. Die deutschlandweit einzige schwarz-gelbe Koalition will nach sieben Jahren Rot-Grün in zentralen Feldern wie Bildung, Innerer Sicherheit oder Wirtschaft in NRW umsteuern.

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Das kündigten der CDU-Landesvorsitzende Armin Laschet und FDP-Parteichef Christian Lindner bei der Vorstellung des 125 Seiten umfassenden Koalitionsvertrags an. Die Partner einigten sich darauf, dass die CDU neun Ministerien erhält, die FDP drei.

Laschet sagte mit Blick auf eine starke islamistische Szene und grenzüberschreitende Bandenkriminalität, NRW werde ein tolerantes, liberales Land bleiben, gegen Kriminelle aber eine „Null-Toleranz-Strategie“ fahren. In der Bildung solle Kindern ein Aufstieg unabhängig von der Eltern-Herkunft ermöglicht werden. Zur Inklusion sagte Laschet, möglichst viele Förderschulen sollten gerettet werden.

Akademische und berufliche Ausbildung hätten den gleichen Wert. „Der Mensch fängt nicht erst beim Abitur an.“ Ab 2019/20 soll das Abi in der Regel wieder nach neun Jahren Gymnasium (G9) abgelegt werden. Ökologie und Ökonomie sollten „versöhnt“ werden. Und: „Wir wollen den wirtschaftlichen Riesen Nordrhein-Westfalen entfesseln.“ Bürokratie werde abgebaut, sagte der CDU-Bundesvize Laschet.

Lindner betonte, Schwarz-Gelb wolle NRW wieder an die Spitze der Bundesländer führen. Die künftige Landesregierung stehe vor großen Aufgaben. „Die Lage ist nicht ganz einfach.“ Die Klimaschutzziele würden nicht infrage gestellt. „Wir werden Klima- und Umweltschutz besser machen als die Vorgänger.“

Das angestrebte NRW-Bündnis könne auch ein Zeichen setzen für die Bundespolitik, meinte Lindner, der nach der Bundestagswahl nach Berlin wechseln will. „Wir sind uns durchaus gemeinsam darüber im Klaren, dass wir hier Konturen einer neuen Zusammenarbeit von Freien und Christdemokraten zeigen.“ NRW werde Bewegung in die Bundespolitik bringen - etwa mit Bundesratsinitiativen für ein modernes Einwanderungsgesetz. Laschet sagte dagegen: „Wir erklären uns nicht zum Vorbild für andere.“

Drei Monate vor der Bundestagswahl am 24. September ist der Machtwechsel im bevölkerungsreichsten Bundesland aber noch nicht ganz perfekt. Die FDP lässt ihre 15 500 Mitglieder bis zum 23. Juni online über den Koalitionsvertrag entscheiden. Bei der CDU stimmt ein Tag später ein Parteitag in Neuss ab. Am 27. Juni soll Laschet dann zum neuen Ministerpräsidenten gewählt werden. Erst danach will er die Namen der Minister öffentlich machen.

Fest steht, dass die CDU unter den neun Ministerien in ihrer Zuständigkeit auch erstmals seit 1966 für den Bereich Inneres verantwortlich sein wird, außerdem für Arbeit und Soziales. Ein neues Ministerium für Wirtschaft und Digitales soll ebenso an die FDP gehen wie das Bildungsministerium. Auch die Flüchtlings- und Integrationspolitik wird dem kleineren Partner zufallen.

Beim Thema Finanzen und Verschuldung bleiben zunächst noch viele Details offen. Laschet betonte, jede Position im Vertrag sei mit den Haushaltsexperten beider Fraktionen durchgerechnet worden. Ziel sei es, im Jahr 2020 ohne neue Schulden auszukommen. Es müsse auch gespart werden. Auf der anderen Seite seien zusätzliche Polizisten und Lehrer zu finanzieren, man werde zudem den Kitas aus ihrer „aktuellen Notsituation“ heraushelfen. Auch die Kultur könne mit mehr Mitteln rechnen.

CDU und FDP verfügen im Düsseldorfer Landtag nur über eine Mehrheit von einer Stimme. Rot-Grün unter Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) war am 14. Mai abgewählt worden.