Willkommen Tränen, Dank und Selfie mit Minister: Dortmund empfängt Flüchtlinge

Mehrere Züge mit Flüchtlingen, die lange in Ungarn festsaßen, sind am Sonntag in Dortmund angekommen. Innerhalb von wenigen Stunden muss die Stadt für über 1400 Menschen eine Verschnaufpause nach der Flucht organisieren. Eine Welle der Hilfsbereitschaft erreicht den Bahnhof.

Erschöpft: Flüchtlinge bei ihrer Ankunft in Dortmund.

Erschöpft: Flüchtlinge bei ihrer Ankunft in Dortmund.

Foto: Maja Hitij

Dortmund. Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange steht am Sonntag stellvertretend für viele Bürger der Stadt. Als ein Flüchtlingszug mit über 1000 Menschen am Dortmunder Hauptbahnhof ankommt, schleppt er Koffer mit den letzten Habseligkeiten eigenhändig die Stufen vom Bahngleis hinunter.

Die völlig übermüdeten Frauen, Männer und Kinder, zumeist aus Syrien über Ungarn und München auf dem Weg nach Nordrhein-Westfalen, danken es dem Polizei-Chef mit freundlichen Blicken. Manche haben Tränen in den Augen.

Dass mehrere Züge mit insgesamt rund 1400 Flüchtlingen den Dortmunder Hauptbahnhof ansteuern würden, hatte sich über Twitter und Facebook blitzschnell herumgesprochen. In der Nacht brachten viele Dortmunder, aber auch Menschen aus den Nachbarstädten, Verpflegung, Spielzeug, Wasserflaschen und Stühle zum Hauptbahnhof. „Refugees welcome“ - mit diesem Spruch auf Plakaten und Spruchbändern wollten sich viele Bürger nicht zufriedengeben und boten handfeste Hilfe an.

Die Stadt Dortmund, Technisches Hilfswerk und Rotes Kreuz müssen allerdings die Hilfe in geordnete Bahnen lenken. Gegen 10.20 Uhr, als ein ICE mit knapp über 1000 Flüchtlingen auf Gleis 20 einläuft, wird der Bahnsteig für die Öffentlichkeit gesperrt: Zu viele Menschen auf zu engem Raum.

Die Polizei bringt die Flüchtlinge durch den Bahnhofstunnel zum Nordausgang. Hier jubeln die Dortmunder den Ankommenden zu und begleiten sie über mehrere Hundert Meter in ein Kulturzentrum. Dort warten Mediziner, Betreuer, Vertreter des Jugendamts und Dolmetscher. „Hier gibt es die Erstversorgung mit etwas zu essen, Wasser, Strom für die ausgelaugten Handy-Akkus und einen Stuhl, um durchzuschnaufen“, erklärt ein Sprecher der Stadt.

Das Kulturzentrum ist mit über 1000 Flüchtlingen am Sonntagmorgen bereits überfüllt. Per Lautsprecher werden die freiwilligen Helfer auf die andere Gebäudeseite dirigiert. Über eine Menschenkette sollen Lebensmittel ins Innere getragen werden. Hier sind jetzt schnell anpackende Hände gefragt.

Auf einer Empore begrüßt Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) die Flüchtlinge. Neben ihm steht Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD). Der OB heißt die Menschen in seiner Stadt willkommen. „Welcome in Dortmund, Sie dürfen sich hier sicher fühlen.“ Die Dolmetscher übersetzen in verschiedene Sprachen. Aus dem Saal klingen Freudenrufe. Männer halten Plakate hoch: „Thank you, Germany“.

Jäger zeigt sich von der Willkommens-Kultur in Dortmund beeindruckt. Der Minister macht eigene Handy-Fotos und muss sich immer wieder für Selfies mit Flüchtlingen aufstellen. Den Dortmundern sagt er: „So schnell werden es wohl nicht weniger Flüchtlinge werden.“ Genaues aber weiß niemand. Keiner wagt eine Vorhersage.

Ein weiterer Zug ist für den Nachmittag angekündigt. Da haben die ersten Flüchtlinge Dortmund schon wieder verlassen. Vor dem Kulturzentrum stehen Busse. In Gruppen zu 60 Personen geht die Fahrt ins Land. Oft weiß die Stadt Dortmund nicht, wohin die Reise geht. Die Verteilung regelt die Bezirksregierung Arnsberg. Gegen 13 Uhr trifft ein erster Bus in Schloß Holte-Stukenbrock in Ostwestfalen ein. In der dortigen Polizeischule des Landes sollen mehrere Hundert Flüchtlinge unterkommen.