NRW-Polizei Traumberuf Polizei-Helikopterpilot
Viele möchten hin, aber nur wenige schaffen es in die Hubschrauberstaffel der NRW-Polizei. Ein frischgebackener Pilot und zwei Flugschüler berichten von ihren Erfahrungen.
Düsseldorf. Es gibt tatsächlich einen Beruf, bei dem der gelungene Einstieg dann feststeht, wenn man den Allerwertesten mit einem Rotorblatt versohlt bekommt. Polizeioberkommissar Roman C. (35/Die Namen haben wir aus Sicherheitsgründen nicht komplett genannt) hat dieses Ritual gerade hinter sich und ist damit der 35. Pilot der Hubschrauberstaffel der NRW-Polizei. Er hatte im August dieses Jahres nach einer insgesamt dreijährigen Ausbildung seinen ersten Alleinflug (dafür wird der Pilot versohlt) absolviert — allerdings mit einer echten Schrecksekunde. „Ich war in etwa 300 Fuß Höhe (rund 100 Meter), als ich Brandgeruch bemerkt habe“, erinnert sich Roman C. an den dramatischen Moment. Sein Fluglehrer, der den Flug am Boden verfolgte, konnte ihn aber beruhigen. Es war kein Brand zu erkennen. Heil unten angekommen, stellte sich heraus, dass ein Landelicht durchgebrannt war. „Das stinkt, ist aber ungefährlich“, sagt Roman C. mit einem Lächeln.
Seine Kollegen Heinrich M. (33) und Oliver K. (29) haben das Rotorblatt-Ritual zwar noch vor sich, aber die erste große Hürde auf dem Weg zum Hubschrauberpiloten bereits genommen: die Tests im Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) in Hamburg. Dabei müssen die Pilotenanwärter in verschiedensten Themenfeldern ihre Eignung beweisen. Geprüft werden unter anderem die Gedächtnisstärke, Stressresistenz, Mathematik- und Englischkenntnisse, körperliche Fitness sowie die Multitaskingfähigkeit. Letzteres ist „mit Abstand die schwerste Prüfung“, sagt Heinrich M. und zieht die Stirn in Falten. Er musste mit beiden Händen verschiedene Aufgaben an einem Computer gleichzeitig erledigen, obendrauf gab es per Kopfhörer noch Mathematikaufgaben, die ebenfalls simultan gelöst werden mussten. Nur fünf Prozent der Kandidaten bestehen diese Testreihe.
Entgegen jedem Klischee scheiden Frauen beim Multitaskingtest reihenweise aus. „Ich habe das letzte Mal eine Kiste Champagner verloren“, sagt Ausbildungsleiter Fritz Pfau (Erster Polizeihauptkommissar). Er hatte den Champagner auf den Erfolg von zwei Kandidatinnen gesetzt, die in diesem Jahr im DLR angetreten waren. „Beide haben alle Tests zuvor mit Bravour bestanden“, versichert Pfau. „Beim Multitaskingtest war aber nach fünf Minuten alles aus“, bedauert der Ausbilder.
Wie viele Kandidaten er genau in den 15 Jahren als Ausbildungsleiter unter seinen Fittichen hatte, weiß Pfau nicht. „Zwischen 700 und 800“, schätzt er. Durchgekommen sind bei ihm 25 Männer, die nun Piloten der Hubschrauberstaffel der NRW-Polizei sind. „Ich habe mir sehr gewünscht, dass auch einmal eine Frau dabei ist, aber das hat leider nicht geklappt.“ Pfau geht in zwei Jahren in Rente, die gesamte Ausbildung dauert aber drei Jahre. Wenn beim nächsten Mal eine Polizistin die Testreihe im DLR besteht, wird der Ausbildungsleiter nicht mehr im Dienst sein, wenn die Frau fertige Pilotin ist.
Es gibt reichlich Untiefen auf dem Weg zum begehrten Hubschrauberpilotenschein. In diesem Jahr hatte es einen Kandidaten, der bereits alle Tests im DLR bestanden hatte, beim sogenannten Überprüfungsflug erwischt. Dabei wird die Flugfestigkeit getestet. „Man setzt sich in den Hubschrauber und der Pilot fliegt enge Kurven, steigt oder sinkt stark“, erklärt Oliver K. Sein Kollege musste dabei zum wiederholten Male eine Brechtüte bemühen — das Ende aller Hoffnungen, einmal in der Hubschrauberstaffel als Pilot anzuheuern. In diesem Fall spielte dem Kandidaten der Gleichgewichtssinn bei schnellen Flugmanövern einen Streich.
Heinrich M. und Oliver K. absolvieren am Standort Düsseldorf aktuell die Ausbildung zum Systemoperator. Dabei lernen sie zum Beispiel den Umgang mit der Technik, die im Helikopter zum Einsatz kommt, etwa mit dem Wärmebildkamera- oder dem Videosystem. Sie arbeiten ein Jahr lang im Schichtdienst und erwerben in dieser Zeit die Privatpilotenlizenz. Dafür steht eine einmotorige Cessna bereit, die ebenfalls im Hangar der Flugstaffel am Düsseldorfer Flughafen untergebracht ist. Maschinen dieser Art zu fliegen gilt unter Hubschrauberpiloten übrigens als geradezu einfach. Nach 40 Flugstunden kann man diese Lizenz in der Tasche haben. „Das ist wie ein weiterer Einstellungstest“, sagt Oliver K. mit Blick auf das kleine weiße Flugzeug.
Wenn die beiden ihr erstes Ausbildungsjahr hinter sich gebracht haben, dann rücken sie für 22 Monate in eine Kaserne der Bundespolizei in St. Augustin ein. Dort wird die Ausbildung zum Hubschrauberpiloten abgeschlossen.
Wer sich zu dieser Ausbildung entschließt, muss „schon etwas positiv verrückt sein“, sagt Roman C. mit einem Augenzwinkern. Geld ist kein Motiv für die Bewerber. Piloten bekommen für ihre Tätigkeit nicht mehr als die Kollegen, die am Boden ihren Dienst ausüben. Am Anfang sind sie auf A 9 eingestuft, das Gehalt beträgt etwa 2500 Euro netto ohne Zulagen.
Die Polizisten aus der Düsseldorfer Staffel hoffen, dass sich dennoch mehr Kandidaten finden, die sich für die Hubschrauberpilotenausbildung entscheiden. „Viele lassen sich wohl von den hohen Durchfallquoten abschrecken, es überhaupt einmal zu versuchen“, meint Heinrich M. Nachsatz: „Man muss kein Supermann sein, um die Tests zu schaffen.“ Er hatte es schon einmal 2012 versucht und war bei den Tests gescheitert. Gegen die übliche Handhabung bekam er eine zweite Chance, die Heinrich M. nun genutzt hat. Oliver K. fasst das Erfolgsrezept so zusammen: „Man muss lernen und braucht ein bisschen Glück. Aber eigentlich ist es ein Arbeitssieg.“
Die Piloten werden bei Terroranschlägen oder Geiselnahmen, aber auch bei der Suche nach vermissten Personen oder flüchtigen Straftätern eingesetzt.