Urteil im El Kaida-Prozess: Osamas Statthalter verurteilt
Entscheidung des Düsseldorfer Oberlandesgerichts steht wegen des Großen Lauschangriffs auf tönernen Füßen.
<strong>Düsseldorf. Vermummt mit einem Palästinensertuch erscheint Ibrahim Mohamed K. im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts. In dem anschlagsicheren Bunker patrouillieren Polizisten mit Maschinenpistolen. Der Syrer (32) wird nach 131 Verhandlungstagen in dem eineinhalbjährigen Mammut-Prozess als El-Kaida-Terrorist und Statthalter Osama bin Ladens in Deutschland zu sieben Jahren Haft verurteilt. Er wird wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung und versuchten bandenmäßigen Versicherungsbetrugs schuldig gesprochen. Zwei palästinensische Brüder erhalten sechs und dreieinhalb Jahre Haft.
Treueschwur auf Terrorchef Osama bin Laden geleistet
Auf illegalem Weg sei der Syrer nach einer gescheiterten Karriere als Sänger 1997 nach Deutschland gekommen und habe mit gefälschtem Pass Asyl beantragt, schildert Richter Ottmar Breidling. Allmählich habe er sich für den Islamismus begeistert und Kontakte zu Terroristen geknüpft. Ab Februar 2001 sei er in afghanischen El-Kaida-Lagern ausgebildet worden und habe dort auch den Treueschwur auf bin Laden geleistet
Im Jahr 2004 waren die Moslems ins Fadenkreuz der Terrorfahnder geraten. Die Wohnung des Syrers wurde verwanzt und seine Gespräche 150 Tage lang rund um die Uhr belauscht. Das Verfahren am Düsseldorfer Oberlandesgericht ist damit das erste der Bundesanwaltschaft, das zentral auf dem Großen Lauschangriff fußt.
Dabei habe man sich in einer "rechtlichen Grauzone" bewegt, räumt der erfahrene Richter ein. Die Wohnung des Syrers wurde erst "verwanzt", nachdem das Bundesverfassungsgericht das erste Gesetz zum Lauschangriff in Teilen für verfassungswidrig erklärt, der Bundestag die daraufhin erarbeitete Neufassung aber noch nicht verabschiedet hatte. Deswegen steht das Urteil nun auf tönernen Füßen. Der Bundesgerichtshof muss klären, ob die Lauschaktion damals angewendet werden durfte.
Zwar habe das Gericht die Vorgaben der Verfassungsrichter beachtet und mehrere Passagen der Abhörprotokolle nicht verwertet, das Urteil könnte dennoch leicht Makulatur werden. Die Verteidiger haben bereits angekündigt, in dieser Frage notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Erstmals stufte ein deutsches Gericht El Kaida als ausländische terroristische Vereinigung ein. Der Straftatbestand war erst nach den Anschlägen vom 11. September geschaffen worden.
Gotteskrieger Bei dem von Osama bin Laden inspirierten Netzwerk, das unter der Bezeichnung El Kaida ("die Basis") agiert, handelt es sich um einen Zusammenschluss unterschiedlicher Gruppierungen, die nur lose miteinander verbunden sind und in ideologischer Hinsicht Übereinstimmungen aufweisen. Jede Gewaltaktion seitens der so genannten Gotteskrieger wird als "Verteidigung" definiert, jede Aktion der Gegenseite als Angriff.
Ruheraum NRW Manche regionalen Gruppierungen der El Kaida unterhalten gleichzeitig auch zivile Zweige und betätigen sich im politischen oder karitativen Bereich. Für sie ist Nordrhein-Westfalen Ruheraum, den man für logistische Aktivitäten zu nutzen versucht. Bei einem US-Luftangriff auf ein Dorf in Pakistan wurde am 13./14.Januar 2006 der Marokkaner Mohammed Abbatay getötet, der 1999 Krefeld verlassen hatte, um nach seiner militärischen und ideologischen Schulung in Afghanistan als Medienfachmann von El Kaida und als Schwiegersohn von El-Kaida-Vize Ayman al-Zawahiri "Karriere" zu machen. Abbatay studierte in den 1990er Jahren an der Fachhochschule Niederrhein technische Informatik.
Finanzierung Die Terror-Netzwerke finanzieren sich aus unterschiedlichen Quellen. Es handelt sich einerseits um Spenden; andererseits haben Gewinne aus legalen Geschäften (zum Beispiel aus Groß- und Einzelhandelsgeschäften oder dem Autohandel) sowie Profite aus illegalen Aktivitäten wie Schmuggel, Waffen-, Diamanten- und Drogenhandel, Handel mit gefälschten Pässen oder Kreditkartenbetrug zunehmende Bedeutung.
Betrug Die drei Düsseldorfer Terroristen wollten Lebensversicherer in 28Fällen um insgesamt mehr als vier Millionen Euro prellen, um Geld für El Kaida zu beschaffen. Dazu hatten sie geplant, den Unfalltod eines der Verurteilten in Ägypten vorzutäuschen. Mohamed Ibrahim K. bemühte sich außerdem erfolglos um gestohlenes, angereichertes Uran, das er in Luxemburg vermutete.