Urteil: Lebenslang für Kofferbomber
Richter verhängt höchstmögliche Strafe gegen libanesischen Extremisten. Dessen Verteidiger wollen nun beim BGH Revision einlegen.
Düsseldorf. Der "Kofferbomber von Köln" ist am Dienstag wegen der versuchten Anschläge auf Regionalzüge zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Oberlandesgericht Düsseldorf sprach den 24-jährigen Libanesen Youssef El Hajdib des vielfachen versuchten Mordes schuldig. "Wer die heimtückische Tötung einer Vielzahl von Menschen aus Hass und Feindseligkeit plant, für den kann es nur die Höchsstrafe geben", sagte der Vorsitzende Richter Ottmar Breitling.
Von Reue zeigte El auch nach 60 Verhandlungstagen und fast einem Jahr Prozessdauer keine Spur: Mit gestreckten Mittelfingern betrat der Libanese den Gerichtssaal, das Gesicht hinter Papieren verborgen.
"Nie stand Deutschland einem islamistischen Anschlag näher", sagte Breitling. Gemeinsam mit seinem Komplizen Jihad Hamad habe der 24-Jährige ein "Blutbad von ungeheuren Ausmaßen" geplant. El Hajdib hatte im Prozess zugegeben, am 31. Juli 2006 zwei Kofferbomben im Kölner Hauptbahnhof in zwei Zügen deponiert zu haben. Zwar lösten die Zünder wie vorgesehen aus, doch detonierten die Bomben nicht. Denn in den Gasflaschen befand sich kein explosionsfähiges Gemisch. Die Männer hatten lediglich Propangas eingefüllt und keinen Sauerstoff zugegeben.
"Dass es nicht zu der Katastrophe mit einer Vielzahl von Toten gekommen ist, ist allein dem Umstand zu verdanken, dass der Angeklagte und sein Mittäter einem Irrtum beim Bau der Sprengsätze unterlegen sind", heißt es in der Urteilsbegründung. Wären die Koffer in die Luft geflogen, wäre ein etwa 15 Meter großer Feuerball mit erheblichem Splitterflug entstanden.
El Hajdib war 2004 im Alter von 19 Jahren nach Deutschland gekommen, um in Kiel ein IngenieurStudium zu beginnen. Der Verurteilte war bis dahin im Libanon in einer streng religiösen Familie aufgewachsen. Wegen seiner radikal-islamistischen Grundeinstellung sei er jedoch nicht gewillt gewesen, sich in Deutschland zu integrieren. "Er sah es als seine Pflicht, gewaltsam Vergeltung gegen die Ungläubigen zu üben", sagte Breitling.
Auslöser sei die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in dänischen und deutschen Medien im Frühjahr 2006 gewesen. "Der Angeklagte sah darin einen nicht zu verzeihenden Angriff auf den Propheten Mohammed, den Islam und damit die gesamte islamische Welt."
Der Anwalt des Libanesen hatte im Prozess behauptet, das Geständnis des Komplizen im Libanon, der dort bereits zu einer zwölfjährigen Haftstrafe verurteilt wurde, sei nur durch Folter zustande gekommen. Sein Mandant habe die Sprengsätze bewusst sabotiert. Das Auffinden von Blindgängern habe lediglich Unruhe verbreiten und ein Zeichen setzen sollen. Der OLG-Senat sprach dagegen von einer Schutzbehauptung.
Nach der Tat hatten sich die Männer in den Libanon abgesetzt, El Hajdib kam jedoch im August nach Deutschland zurück. Noch am selben Tag war er am Kieler Hauptbahnhof festgenommen worden. Sein Komplize Jihad Hamad ging den Ermittlern im Libanon ins Netz.
Der Prozess in Düsseldorf hatte deshalb so lange gedauert, weil der Senat auf Rechtshilfe aus dem Libanon angewiesen war. Außerdem hätten die Verteidiger das Verfahren durch ständige Beweisanträge in die Länge gezogen, kritisierte Breitling.
Die Verteidiger kündigten bereits an, gegen das Urteil Revision einlegen zu wollen.