Verschwundene Munition in JVA Wuppertal: Vertuschungsvorwürfe gegen Kutschaty
NRW-Justizminister erklärt im Landtag, warum er nicht über den Munitionsdiebstahl in der JVA Ronsdorf informiert hat.
Düsseldorf. Heftige Kritik an NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) wegen seines Umgangs mit der Affäre um die in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wuppertal- Ronsdorf verschwundene Munition: Die Opposition attackierte ihn gestern, weil er den Politikern des Rechtsausschusses im NRW-Landtag monatelang die Information über den Vorgang vorenthalten habe.
Dietmar Schulz (Piraten) bezeichnete das als „Frechheit“ und „Riesen-Schweinerei“. Jens Kamieth, rechtspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, sprach von dem Verdacht, „dass der Minister den Diebstahl unter den Teppich kehren wollte.“ Es sei skandalös, dass die Abgeordneten und die Öffentlichkeit erst durch die Berichterstattung in den Medien über den Fall informiert wurden. Der Minister unterrichte den Landtag „nach Gutsherrenart“.
Das Justizministerium selbst war erst am 19. Mai von der Anstaltsleitung darüber informiert worden, dass am 26. April ein Fehlbestand von 1.000 Patronen (eine Kiste mit einem Gewicht von 12,9 Kilogramm, Einkaufspreis 324 Euro) entdeckt worden war. Doch die Politiker des Rechtsausschusses wurden vom Justizminister nicht informiert — anders als sonst bei brisanten Fällen. Erst durch einen Medienbericht wurde die Sache am 12. August bekannt. Das wiederum war Anlass für die Sondersitzung des Rechtsausschusses.
Justizminister Kutschaty sagte am Freitag vor diesem Gremium, das Land sei Opfer einer Straftat geworden. „Wir sind bestohlen worden.“ Er habe die laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nicht gefährden wollen. Auch habe er sich nicht dem Risiko einer möglichen Strafvereitelung aussetzen wollen. Darum habe er der Bitte des Leitenden Oberstaatsanwalts entsprochen, weder eine öffentliche noch eine nicht-öffentliche Unterrichtung des Rechtsausschusses vorzunehmen. Er könne den Vorwurf, er habe etwas vertuschen wollen, nicht nachvollziehen. „Wenn wir das gewollt hätten, dann hätten wir ja wohl keine Strafanzeige erstattet.“
Dirk Wedel, rechtspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, kritisierte auch das Verhalten der JVA Wuppertal-Ronsdorf, die zwischen Bekanntwerden des Munitionsverlusts bis zur Mitteilung des Sachverhalts an das Ministerium mehr als drei Wochen habe verstreichen lassen. Wedel: „Ein solches Krisenmanagement kann der Justizminister nicht tolerieren.“
Die JVA war schon durch weitere tragische Fälle im Blick der Öffentlichkeit. An eben jenem 26. April, an dem der Verlust der Munition entdeckt wurde, hatte sich eine Bedienstete der Anstalt in einem Lagerraum der JVA selbst mit einem Kopfschuss getötet. Dieser Suizid steht nach bisheriger Kenntnis in keinem Zusammenhang mit dem Verschwinden der Munition. Am 4. Mai hatte zudem ein Häftling in einer Zelle einen anderen im Streit erwürgt.