Gericht soll entscheiden Von Wartelisten und Elternwünschen: Kein Anspruch auf Wahlkita

Seit fast drei Jahren haben Eltern einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder, die mindestens ein Jahr alt sind. Dem werden offenbar die meisten Kommunen gerecht - ein Anrecht auf die Wunschkita ist das jedoch noch lange nicht. Ein Besuch am Sandkasten.

Seit fast drei Jahren haben Eltern einen Rechtsanspruch auf einenBetreuungsplatz für Kinder, die mindestens ein Jahr alt sind. Demwerden offenbar die meisten Kommunen gerecht. (Symbolbild)

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Köln. Helene war gerade erst geboren, da stand sie schon auf der Warteliste für einen Betreuungsplatz. Jetzt ist die Kleine acht Monate alt - an die Zusage für einen Kitaplatz, und dann auch noch einen der passt, glaubt ihre Mutter schon lange nicht mehr. „Wir haben uns vieles angeschaut - das größte Problem sind die Betreuungszeiten“, sagt Maike Weber.

Sie will im Herbst ihre Weiterbildung zur Kinder- und Jugendtherapeutin fortsetzen, ihre Einsatzzeiten gehen bis zum Abend. „Bei der Stadt hieß es nur, dass ich mir einen Platz mit Betreuungszeiten bis 18 Uhr abschminken könne“, sagt sie.

Viele solcher Geschichten werden am Kölner Sandkasten erzählt: Von der Tagesmutter, die nur an drei Tagen kann; von Anreisewegen quer durch die Stadt; von Vorstellungsterminen in Einrichtungen, wo Dutzende Eltern um einen freien Platz buhlen.

Seit August 2013 haben auch Kinder ab einem Jahr einen gesetzlichen Anspruch auf einen Betreuungsplatz. Doch in großen Städten wie Münster, Düsseldorf aber auch in manchen Regionen des Ruhrgebiets bleibt es für viele Eltern durchaus eine Herausforderung, ein Angebot zu finden, das ihre Ansprüche erfüllt. Eines unterstreichen Städte und Familienministerium daher immer wieder: Auf den Wunschplatz gilt der Rechtsanspruch nicht.

Womit sind Eltern zufrieden geben müssen und womit nicht, ist mehrfach Gegenstand Streitpunkt vor Verwaltungsgerichten gewesen - wenngleich die befürchtete Klagewelle nach Angaben des NRW-Oberverwaltungsgerichts bis heute ausgeblieben ist. Am Mittwoch entscheidet nun das Gericht in Münster, ob die Stadt Köln Mehrkosten für einen selbstbeschafften Kita-Platz erstatten muss. Den klagenden Eltern war von der Stadt nur eine Tagesmutter angeboten worden, was ihnen nicht ausreichte. Sechs weitere ähnliche Fälle seien noch anhängig, so eine Gerichtssprecherin.

Um dem wachsenden Bedarf nach früher Kinderbetreuung gerecht zu werden, geben Bund und Land Millionen aus. Gerade Nordrhein-Westfalen hat einiges aufzuholen: Bei der Quote der betreuten Unterdreijährigen war das Bundesland lange Schlusslicht.

Stolz verkündete Landesfamilienministerin Christina Kampmann (SPD) vor einem Monat, dass es gelungen sei, binnen eines Jahres 18 500 neue Betreuungsplätze zu schaffen. Insgesamt soll in den kommenden drei Jahren eine halbe Milliarde Euro zusätzlich fließen, damit die Plätze nicht nur mehr, sondern auch besser werden. Im Ministerium ist man überzeugt, mit insgesamt fast 640 000 Plätzen, davon fast jeder vierte in der Unterdreijährigen-Betreuung, alle Anfragen erfüllen zu können.

Lob für die Bemühungen in den Kommunen kommt vom Deutschen Familienverband. „Niemand kann auf seine Wunschkita pochen, aber Städte geben sich enorme Mühe so individuell wie möglich auf die Eltern einzugehen“, sagt die NRW-Vorsitzende Petra Windeck.

Auch in Köln tue man alles, „um den Anspruch unter dem Strich zu erfüllen“, sagt Karsten Betz, beim Kölner Jugendamt zuständig für die Kindertagesbetreuung. „Wir können aber nicht jedem einen Platz in Nachbarschaft anbieten“, sagt er. In Köln gilt ein Radius von fünf Kilometern als zumutbar. Der Ausbau werde schnellstmöglich vorangetrieben. „Es ist ein Kraftakt“, sagt Betz. Es fehle an Flächen und der Bedarf steige, schon weil mehr Kinder in Köln geboren würden.

Die bislang einzige Option die Maike Weber in Sachen Kinderbetreuung beruhigter in die Zukunft blicken lässt, kommt allerdings aus dem Bekanntenkreis. Die gelernte Kunsttherapeutin Didi Geske ist selbst bislang vergeblich auf der Suche nach einem Betreuungsplatz für ihre Tochter. Sie hat aus der Not eine Tugend gemacht: „Ich werde jetzt eben selbst Tagesmutter“ - ein Glücksfall für den Freundeskreis.