Zinsgeschäfte: 12,7MillionenEuro „verzockt“
Wenn Kämmerer riskant spekulieren, drohen Millionenpleiten. In Remscheid gerät dadurch der Mann von Justizministerin Müller-Piepenkötter unter Druck.
<span style="font-weight: bold;">Remscheid. Am Ende sah Jürgen Müller (CDU) nur einen Ausweg: In der Ratssitzung am Donnerstagabend stellte der Remscheider Stadtdirektor seinen Posten als Kämmerer zur Verfügung - Konsequenz aus dem Skandal um fehlgeschlagene Zins-Spekulationen, die der völlig verschuldeten Stadt eine zusätzliche Belastung in Höhe von 12,7 Millionen Euro einhandelten. Bis jetzt, denn in den noch bestehenden Zinsgeschäften mit sogenannten Derivaten und Swaps stecken weitere Millionen-Risiken.
Riskante Zingeschäfte mit der WestLB
Das Außergewöhnliche in diesem Fall ist nicht nur die Tatsache, dass mit Kämmerer Müller (CDU) nun der Ehemann von NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) massiv unter Druck gerät, sondern vor allem der Umgang mit riskanten Zins-Spekulationen in einer hochverschuldeten Stadt: Seit langem unter Nothaushaltsrecht, steht Remscheid seit einiger Zeit auch unter besonderer Beobachtung der Düsseldorfer Bezirksregierung. Immerhin kletterten allein die Kassenkredite, mit denen kurzfristig die normalen Ausgaben der Werkzeugstadt bestritten werden müssen, auf rund 380 Millionen Euro.
Inzwischen hat ein vom Regierungspräsidenten geforderter Gutachter der Stadt bescheinigt, aus eigener Kraft nicht mehr aus den Schulden herauszukommen. In dieser Situation erlag die Remscheider Kämmerei offenbar der Versuchung, die Riesen-Zinslast der Kredite zumindest in der Höhe zu begrenzen - über riskante Zinsgeschäfte mit der WestLB: Steigen etwa die Kreditzinsen, kann der Verlust über den gleichzeitigen Erfolg solcher Derivate oder Swaps ausgeglichen werden.
Doch derzeit herrscht in vielen Kämmereien Panik, denn in den letzten Monaten verloren die Verträge rasant an Wert - bei den Remscheidern teilweise stündlich 50 000 Euro. So löste man nun in höchster Not zwei Verträge gegen Zahlung jener 12,7 Millionen Euro ab, weil auf Sicht sogar ein Verlust von 18 Millionen drohte.