Linksextremistische Anschläge alarmieren Politik

Berlin (dpa). Die Serie vermutlich linksextremistischer Anschläge in Berlin und Hamburg hat die Politik alarmiert. Bundestagspräsident Norbert Lammert wertete die Vorfälle „als eine neue Form demonstrativer Gewalt, der ebenso demonstrativ entgegengetreten werden muss“.

Bundesfamilienministerin Kristina Köhler (CDU) kündigte an, die Programme gegen extremistische Gewalt nicht mehr einseitig auf Rechtsextremismus auszurichten.

Dies stieß bei der Opposition ebenso wie bei Gewerkschaften auf Kritik. Von den Attentätern fehlte am Sonntag weiterhin jede Spur.Ministerin Köhler sagte der „Welt am Sonntag“: „Wir haben uns imKoalitionsvertrag geeinigt, künftig die Programme gegen den Rechts-und den Linksextremismus und ebenso gegen den islamistischenExtremismus auszurichten.“ Dies werde sie umsetzen.

Der Vorsitzendedes Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, warnteangesichts der steigenden Gewaltbereitschaft von Neonazis davor,Programme gegen Rechtsextremismus zurückzufahren. Er regte an, solcheProgramme in die Hände des für die Verfassung zuständigenBundesinnenministeriums zu übergeben.

Grünen-Chefin Claudia Roth warf Ministerin Köhler „Verharmlosung“ vor. In Deutschland gebe es ein Potenzial rechtsextremer Gewalttäter, das die Gewalt der linksextremistischen oder islamistischen Szene vollkommen in den Schatten stelle. „Ein effektiver Kampf gegen den Rechtsextremismus erfordert zielgenaue und finanziell gut ausgestattete Programme“, sagte Roth. Auch die Linke-Politikerin Petra Pau kritisierte die Ankündigung.

Unbekannte hatten in der Nacht zum Freitag in Berlin mit Farbbeuteln und Brandflaschen das Bundeskanzleramt und die Außenstelle des Bundeskriminalamtes attackiert. Bekennerschreiben richteten sich gegen die Klimapolitik und den Bundeswehreinsatz in Afghanistan.

In Hamburg hatten Vermummte am Donnerstagabend eine Polizeiwache mit Steinen angegriffen und mehrere Dienstfahrzeuge angezündet. Nach einem am Sonntag bekanntgewordenen Bekennerschreiben soll die Attacke im Zusammenhang mit dem Tod eines 15-jährigen Griechen durch eine Polizeikugel vor einem Jahr stehen.

In Berlin ging die Serie mutmaßlich politisch motivierter Gewalttaten am Wochenende weiter. Erneut gingen mehrere Autos in Flammen auf, zudem wurde eine Filiale der Deutschen Bank mit Farbbeuteln beworfen. Der Staatsschutz übernahm die Ermittlungen. Mehr als 280 Autos gingen in diesem Jahr schon in Berlin in Flammen auf.