Analyse: Amerika stöhnt unter einer Dauerhitzewelle

Experten sehen einen Zusammenhang zum Klimawandel. Doch wann handelt Präsident Obama?

Washington. Im Vorfeld des Klimagipfels in Kopenhagen schlagen US-Meteorologen Alarm: jedes Jahr weiter steigende Temperaturen, Tornados in sonst windstillen Gegenden, Überschwemmungen und unbeständige Wetterfronten.

Wie US-Präsident Barack Obama treffend feststellt, handelt es sich bei dem Begriff der globalen Erwärmung um deutlich mehr als nur ein Schlagwort, das Umweltorganisationen vorschieben, um sich für eine Verringerung der CO2-Emissionen stark zu machen.

"Der Klimawandel trifft mittlerweile jeden Amerikaner" erklärte Obama kürzlich. Besonders deutlich schlägt der Treibhauseffekt in jener mehr als zehn Jahre andauernden Hitzewelle zu Buche, die bereits mehrere tausend Menschenleben gefordert hat.

Nach Darstellungen der Umweltbehörde EPA begann die Dauerhitzewelle im Sommer 1998. Allein im US-Staat Texas, wo man glühende Hitze gewohnt ist, starben 105 Menschen an den unmittelbaren Folgen der extremen Temperaturen.

Die Annahme vieler Klimaforscher, es habe sich 1998 um ein einmaliges Phänomen gehandelt, erwies sich als Irrtum. Im Juli 1999 waren an der Ostküste und im Mittleren Westen Tagestemperaturen von mehr als 40 Grad normal. Die Jahresdurchschnittstemperaturen sind seitdem kontinuierlich gestiegen. Nach Ansicht von Experten ist ohne eine nachhaltige Verringerung des Schadstoffausstoßes kein Ende der Hitze in Sicht.

Meteorologen zufolge sind die extremen Temperaturen größtenteils auf die Wirkung von CO2 und anderen Emissionen zurückzuführen.

Zwar räumt Kevin Trenberth vom National Center for Atmospheric Research in Colorado ein, dass es schwierig ist, die Erwärmung direkt dem Treibhauseffekt zuzuordnen. Gleichwohl ist er überzeugt, dass neben der Hitzewelle auch die gewaltigen Schwankungen im Wetter auf den Schadstoffausstoß zurückzuführen sind. Dass zum Beispiel in Washington im Frühjahr verheerende Tornados wüteten, sei vor zehn Jahren noch völlig undenkbar gewesen.

Obwohl Obama den Ernst der Lage erkannt hat, zögert er, in einem Nachfolgeabkommen zum Kyoto-Protokoll verbindlichen Richtwerten zuzustimmen. Denn der Einfluss jener Industrielobbyisten, die vor einer unzumutbaren Kostenbelastung für die US-Wirtschaft warnen, wiegt nach wie vor schwerer als die politische Macht des Präsidenten.