Merkels zu Missbrauchsfällen: "Bewährungsprobe für unsere ganze Gesellschaft"
Berlin (dpa). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat nach denMissbrauchsfällen in katholischen und anderen Einrichtungen volleWahrheit gefordert.
Wörtlich sagte die Kanzlerin am Mittwoch imBundestag:
„Ich glaube, wir sind uns alle einig: Sexueller Missbrauch an Kindernund an Schutzbefohlenen ist ein verabscheuungswürdiges Verbrechen. Undes gibt nur eine Möglichkeit, dass unsere Gesellschaft mit diesenFällen klar kommt, und das heißt Wahrheit und Klarheit über alles, waspassiert ist. Ich glaube, jedem ist bewusst, dass die Menschen, die soetwas erlebt haben, dass deren Leben einfach anders verläuft, als wennsie das in jungen Jahren nicht erlebt hätten. Das begleitet sie einganzes Leben. Und völlige Wiedergutmachung wird und kann es nichtgeben.
Ich sage auch: Es hat jetzt keinen Sinn, auch wenn uns die ersten Fälleaus dem katholischen Bereich zu Ohren gekommen sind, es hat keinenSinn, es auf eine Gruppe zu beschränken. Es ist etwas, was sich invielen Bereichen der Gesellschaft ereignet hat, und es ist vor allenDingen auch etwas, was sich heute teilweise in anderer Form, aber mitgleichen Folgen, weiter ereignet. Deshalb bin ich froh, dass die dreiMinisterinnen, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, Kristina Schröder undAnnette Schavan, gemeinsam ein Gesprächsforum bilden mit denBetroffenen, mit denen, aus denen auch diese Fälle bekanntwerden, unddass man sowohl in die Vergangenheit als auch in die Zukunft blickt.
Aber lassen Sie uns die Sache nicht zu einfach machen. Man muss überVerjährung sprechen, man kann über Entschädigung sprechen, aberinsgesamt kommt es darauf an, und das ist eine Bewährungsprobe fürunsere ganze Gesellschaft, dass Menschen, die so etwas erfahren haben,sich in dieser Gesellschaft wieder anerkannt, aufgehoben fühlen undwenigstens das Stück Wiedergutmachung bekommen, was man im Nachhineinnoch schaffen kann.“