Muslime beten gegen Intoleranz
Ein bundesweiter Aktionstag am Freitag in 200 Moscheen soll klare Abgrenzung gegen islamistische Terroristen zeigen.
Hannover. In einer bisher einmaligen Aktion haben die wichtigsten islamischen Organisationen in Deutschland für den kommenden Freitag gemeinsam zu einem Tag „gegen Hass und Unrecht“ aufgerufen. In über 2000 Moscheen soll für mehr Toleranz geworben und der islamistische Terror verurteilt werden. Auch prominente Politiker haben sich angesagt und werden bei acht größeren Veranstaltungen nach den Freitagsgebeten in den muslimischen Gotteshäusern Reden halten.
So wird Innenminister Thomas de Maizière (CDU) in Hannover sprechen; bei anderen Veranstaltungen werden verschiedene Landesminister und Staatsministerin Aydan Özugus (SPD) auftreten. Die Regierungschefs Hessens, Baden-Württembergs und Berlins sind für Kundgebungen in ihren Ländern angefragt. Der Aufruf des Islamrates, des Verbandes der Islamischen Kulturzentren, des Zentralrats der Muslime und der Türkisch-Islamischen Union richtet sich sowohl gegen die Brandanschläge auf Moscheen, als auch gegen die Gewalt, die von Organisationen wie Islamischer Staat (IS) oder Boko Haram gegen Nichtmuslime ausgeübt wird. „Wir geben damit ein deutliches Zeichen, wofür der Islam tatsächlich steht“, sagte Zekeriya Altug von der Türkisch-Islamischen Union am Dienstag in Berlin.
Die vier aufrufenden Organisationen wählten Koranverse aus, die während des Freitagsgebetes gesprochen werden sollen. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mayzek, sagte: „Wenn ein Jude angegriffen wird, bin ich Jude, wenn Christen im Irak vertrieben werden, bin ich Christ, und wenn Anschläge auf Moscheen verübt werden, bin ich Moslem.“ Seine Religion gebiete es, Opfer, „egal welcher Couleur“ zu schützen. Man solle die Extremisten nicht als islamisch bezeichnen, es handele sich schlichtweg um Terrorgruppen. Mayzek begrüßte, dass die Aktivitäten des IS in Deutschland verboten wurden. „Das hätte schon früher geschehen sollen.“
Allerdings sind die Muslime auch besorgt über mehrere Brandanschläge auf ihre Gotteshäuser in den vergangenen Monaten. Sie hätten einen „statistischen Höhepunkt“ erreicht, erlärte Ali Kzilkaya vom Islamrat. Die Reaktion der Politik darauf sei sehr zögerlich gewesen, auch schienen ihm die Ermittlungen der Polizei zaghaft zu verlaufen, kritisierte Kizilkaya und fügte hinzu: „Wenn so etwas in einem Land geschieht und die Gesellschaft schaut nicht hin, dann ist bald der nächste dran.“
Auch die muslimischen Verbände beschäftigt, dass etliche junge Migranten aus Deutschland den Weg auf die syrischen und irakischen Kriegsfelder gefunden haben. Allerdings handele es sich bei jenen, die sich radikalisierten, oft um Jugendliche mit ganz anderen sozialen und familiären Problemen. Mit dem Islam habe das wenig zu tun. „Viele“, so Altug, „kennen den kaum.“