Tastatur statt Feuerwaffe: Israel bereitet sich auf Cyber-Kriege vor

Experten in dem jüdischen Staat sind überzeugt, dass Konfrontationen der Zukunft vermehrt in der digitalen Welt stattfinden.

Tel Aviv. Das Schlachtfeld der Zukunft liegt im Netz, so sehen es israelische Experten. Kriege werden immer stärker im Cyberspace ausgetragen, erwarten sie. Während des jüngsten Gaza-Kriegs sei der jüdische Staat bereits massiven Hackerangriffen auf seine Infrastruktur ausgesetzt gewesen, sagte Verteidigungsminister Mosche Jaalon diese Woche auf einer internationalen Konferenz für Cybersicherheit in Tel Aviv. Rund 5000 Teilnehmer waren aus mehr als 40 Ländern gekommen, mehrere Minister sprachen.

„Neue Technologien haben zugleich neue Bedrohungen und neue Gelegenheiten geschaffen“, sagte Jaalon, der sein Land als „Großmacht im Cyber-Bereich“ beschrieb. Israel war gemeinsam mit den USA als möglicher Schöpfer des sogenannten Stuxnet-Wurms genannt worden, der 2010 das iranische Atomprogramm lahmlegte. Der Wurm stoppte vorübergehend den Betrieb tausender Zentrifugen in der Urananreicherungsanlage in Natans.

Sicherheitsexperten verweisen darauf, dass online die Grenzen zwischen den Staaten zunehmend verwischen. „Auch der Terror ist grenzüberschreitend“, sagte Jaalon. „Ein Staat, der in der Netzwelt von einem anderen Staat angegriffen wird, muss zuerst herausfinden, wer hinter dem Angriff steht.“ Dazu sei ein hoch entwickelter Geheimdienst notwendig.

Andere rufen nach den Enthüllungen über die weitreichende Spionage amerikanischer und britischer Geheimdienste nach einem Abbau der Überwachungsprogramme. Die israelischen Minister wollen die digitalen Möglichkeiten der Geheimdienste ausweiten.

Die israelische Armee bildet bereits mit verschiedenen Programmen Schüler für ihre Cyber-Kampfeinheiten aus. Diese gelten in Israel als wichtiges Sprungbrett für die Karriere. Führende Firmen im Bereich der Cyber-Sicherheit stürzen sich oft auf die Absolventen dieser Armee-Einheiten. „Diese enge Zusammenarbeit zwischen führenden IT-Firmen und der Armee gibt es nur in Israel“, sagt Gili Drob-Heisten, Leiterin eines Workshops für Wissenschaft, Sicherheit und Technologie an der Universität Tel Aviv.

Viele Gründer von Startup-Firmen stammen aus der Elite-Aufklärungseinheit 8200. Einer von ihnen ist der Milliardär Gil Shwed, Gründer des Software-Unternehmens Checkpoint. Die Militäreinheit ist auch für Cyber-Sicherheit zuständig. Sie hat gerade mit einem Protestbrief gegen Abhörmaßnahmen und die Besatzung in den Palästinensergebieten für eine Kontroverse gesorgt. Jaalon forderte auf der Konferenz, die 43 Verfasser des Briefs müssten wie „Verbrecher“ behandelt werden.

Bei der Konferenz in Tel Aviv ging es auch um die zunehmende Cyberkriminalität, mit der Israel zu kämpfen hat. Der russische Experte für Computersicherheit Eugene Kaspersky sprach von einem „Cyber-Dschungel“, in dem unzureichend geschützte Systeme immer mehr von Verbrechern bedroht seien. „Um Israel heute Schaden zuzufügen, braucht man nur einen einzelnen Laptop, um ganze Systeme zu deaktivieren“, sagte Wissenschaftsminister Jaakov Peri. „Israel ist eines der wichtigsten Ziele für Cyber-Angriffe, es gibt stündlich neue Attacken.“

In Anlehnung an das Raketenabwehrsystem Eisenkuppel, das während des Gaza-Kriegs Hunderte Raketen abfing, forderte Peri: „Wir brauchen eine Eisenkuppel für Cyber-Angriffe.“ Der frühere Staatspräsident Schimon Peres betonte, Israel müsse angesichts der künftigen Gefahren in die Ausbildung jugendlicher Computerexperten investieren. „Wir müssen den Vorsprung der menschlichen Qualität bewahren“, sagte Peres.