Niederlande schaffen die Kfz-Steuer ab

Fahrer sollen nicht für den Besitz, sondern nur für die Nutzung ihres Wagens zahlen.

Amsterdam. Eigentlich sind Holländer schwer aus der Ruhe zu bringen. Doch wenn es ums Auto geht, reagieren im Königreich hinter den Nordsee-Deichen selbst gemütliche Wohnmobil-Fahrer ähnlich emotional wie die deutschen Nachbarn.

"Alles Betrüger!" schimpft ein Autobesitzer im Internet-Forum der Zeitung "De Telegraaf" über seine Regierung in Den Haag. "Politiker missbrauchen uns als Melkkühe", war zu lesen. Noch schwerer wiegt der Vorwurf, die Regierung wolle "uns ausspionieren".

Grund der Aufregung ist die vom Kabinett beschlossene Radikalreform der Verkehrsbesteuerung. Anders als die Mehrheit der "Telegraaf"-Leser sind viele Experten davon allerdings begeistert. Künftig soll in den Niederlanden nicht der Besitz, sondern allein die Benutzung eines Autos besteuert werden.

"Vorbildlich" nennt das der Essener Automobil-Professor Ferdinand Dudenhöffer. Dem deutschen Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) empfiehlt er dringend die Nachahmung des holländischen Modells.

Danach soll ab 2012 für jeden Kilometer, den Niederländer in ihren Autos zurücklegen, beim Finanzamt die Kasse klingeln - egal, ob sie samt Wohnanhänger über deutsche Autobahnen schleichen, Spaß im Sportcoupé an der Côte d’Azur haben oder sich in der Heimat im Kleinwagen zur Arbeit stauen.

Im Gegenzug fällt die Kfz-Steuer ebenso weg wie die Steuer von 25 Prozent auf den Kauf eines Neuwagens. Das System soll "starke Anreize" bieten, den Wagen so oft wie möglich stehen zu lassen und aufs Fahrrad sowie auf Busse oder Bahnen umzusteigen. Die Ziele: Klima schützen, Staus auflösen und Unfallzahlen senken.

Funktionieren soll die Sache so: Jedes Auto muss mit einem GPS-Gerät ausgestattet werden (die Kosten für den Einbau erstattet der Staat). Per Satellit teilt diese "Black Box" einer Zentrale jeden gefahrenen Kilometer mit. Am Monatsende flattert eine Rechnung ins Haus.

Alles ganz einfach, sagt Hollands Verkehrsminister Camiel Eurlings. Und gerecht werde es auch zugehen. Die Streckensteuer werde die Größe, die Motorisierung und den Schadstoffausstoß der verschiedenen Wagenklassen berücksichtigen.

Wer sich in einem Renault Twingo fortbewegt, zahlt in der Anfangsphase 1,4 Cent pro Kilometer. Beim Audi A8, wie ihn der Minister fährt, fallen 16,6 Cent an. Außerdem soll die Tageszeit berücksichtigt werden; am Vormittag oder am späten Abend kostet das Fahren weniger als im Berufsverkehr.

Die Mehrheit der autofahrenden Niederländer werde mit dem neuen System im Jahresdurchschnitt keinen Cent mehr an Autosteuern zahlen. Sechs von zehn würden sogar Geld sparen.

Kritiker der Reform wie der Abgeordnete Charlie Aptroot von der bürgerlich-liberalen Partei für Freiheit und Demokratie (VVD) weisen darauf hin, dass die jetzt genannten Kilometerpreise zwar erträglich klingen, jedoch später jederzeit erhöht werden könnten. Mit Abstand am größten ist das Misstrauen gegen die "Spionagekästen", wie Aptroot die GPS-Boxen taufte.

Minister Eurlings hält dagegen: "Das ist Quatsch." Die GPS-Box würde einzig und allein die gefahrenen Kilometer melden, nicht die Strecke.